82 Preußen und der norddeutsche Bund.
20. Juni. (Nordd. Bund). Der Reichstag nimmt das vom Bundesrath
amendirte Schulze'sche Gesetz über Genossenschaftswesen mit jenen
Aenderungen und unter Zustimmung Schulze-Delitzsch's an. Schluß
der Session. Thronrede des Königs von Preußen:
„Geehrte Herren vom Reichstage des norddeutschen Bundes! Sie stehen
am Schlusse einer Session, welche reich an Mühen, aber auch reich an Er-
gebnissen war. In hingebender Thätigkeit haben Sie, im Verein mit den
verbündeten Regierungen, die Einrichtungen des Bundes aufgebaut und be-
festigt und wichtige Reformen der gemeinsamen Gesetzgebung theils eingeleitet,
theils zum Abschlusse gebracht. Die finanziellen Fragen, welche einen her-
vorragenden Gegenstand Ihrer Berathungen bildeten, sind in befriedigender
Weise gelöst. Indem Sie die Verwaltung der in der vorigen Session für
die Entwicklung der Marine und die Vervollständigung der Küstenvertheidigung
beschlossenen Anleihe der bewährten Verwaltung der preußischen Staatsschulden
anvertrauten, haben Sie die Fortbildung dieses Zweiges unserer Wehrkraft
gesichert, welchem eben so sehr Meine eingehende Sorgfalt als die Sympathien
der Nation zugewendet sind. Die Verständigung über die Verwaltung dieser
Anleihe hat es gestattet, in dem von Ihnen angenommenen Bundeshaushaltsetat,
ohne eine wesentliche Erhöhung der fortdauernden Ausgaben, für die Förder-
ung der Aufgaben des Bundes in ausreichendem Maße Fürsorge zu treffen.
Die Einrichtungen, deren es bedarf, um über die Verwendung der Einnahmen
des Bundes die verfassungsmäßige Rechnung zu legen, sind vorläufig geordnet.
Durch das Gesetz über die Aushebung der polizeilichen Beschränkungen der
Befugniß zur Eheschließung ist die durch vieljährige Erfahrung in Preußen
bewährte Freiheit in der Begründung eines Hausstandes und einer Familie
verallgemeinert und das in Ihrer letzten Session begründete Institut der
Freizügigkeit ergänzt. Dieses Gesetz, so wie die Gesetze über die Aufhebung
der Schuldhaft und die Schließung der öffentlichen Spielbanken beweisen, daß
die sittlichen und wirthschaftlichen Momente in den Aufgaben des Bundes
Hand in Hand gehen. Durch eine Reihe von Postverträgen, welche Ihre
Zustimmung erhalten haben, ist die in der vorigen Session geordnete Er-
mäßigung der Portotaxe auf die auswärtige Correspondenz ausgedehnt. Das
Gesetz über die Quartierleistung im Frieden sichert eine gerechtere Vertheilung
und innerhalb der durch die unerläßlichen Rücksichten auf die Finanzlage
gebotenen Grenzen eine angemessenere Vergütung dieser Leistung. Durch die
den Angehörigen der vormaligen schleswig-holsteinischen Armee bewilligten
Pensionen und Unterstützungen wird eine Schuld getilgt, in deren Anerkennung
Sie Sich mit den verbündeten Regierungen vereinigten. Die Maß- und
Gewichtsordnung eröffnet die Aussicht auf Herstellung eines einfachen und
einheitlichen Systems für ganz Deutschland und führt einer Einigung aller
civilisirten Nationen auf diesem Gebiete näher. Die Bildung des deutschen
Volkes bürgt dafür, daß die von der Ausführung dieses Systems unzertrenn-
lichen Schwierigkeiten in nicht allzu langer Zeit zu überwinden sein werden.
Auf dem Gebiete des Steuerwesens ist die Gleichmäßigkeit der Besteuerung
der wichtigsten Artikel des Verbrauchs innerhalb des Bundes hergestellt und
der letzte Schritt geschehen, welcher für den Eintritt Mecklenburgs und Lübecks
in die gemeinsame Zolllinie erforderlich war. Und so entlasse Ich Sie, geehrte
Herren, mit Meinem und Meiner hohen Verbündeten Danke für die Mit-
wirkung, welche Sie sowohl Unserem gemeinsamen Werke als auch den großen
Interessen zugewendet haben, zu deren Pflege Wir mit den süddeutschen
Staaten verbunden sind. Ich entlasse Sie mit der Zuversicht, daß die
Früchte Ihrer Arbeiten bei uns und in ganz Deutschland unter dem
Segen des Friedens gedeihen werden.“
20.6. (Preußen: Schleswig-Holstein). Eine k. Cabinetsordre regelt
die Verwaltungsorganisation: übereinstimmend mit dem Verlangen