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Oesterreich-Angarn. 285
wälzt werden kann. Die Schwierigkeiten, welche jede Regierung in Oesterreich
zu Üüberwinden hat, müssen pflichtgemäß übernommen werden. Aber die gehor-
samst Unterzeichneten sind der Ueberzeugung, daß jenes Maß von Schwierig-
keiten, welches sich ihnen heute entgegenstellt, nicht bestehen würde, wenn die
Regierung mit einheitlicher Kraft ihren Weg zu verfolgen in der Lage ge-
wesen wäre. Diese Schwierigkeiten sind heute so weit angewachsen, daß nur
noch aus dem ernstesten Pflichtgefühle der Muth zu ihrer weiteren Bekämpfung
geschöpft werden kann. Aber er kann es nur, wenn ihn das Bewußtsein be-
gleitet, ungelähmt mit der ganzen, ohnehin begrenzten Macht an dieselbe
heranzutreten, welche die constitutionellen Einrichtungen der Regierung zu
handhaben gestatten.
„Die gehorsamst Unterzeichneten sind überzeugt, daß die Erkenntniß dieser
Wahrheit auch Eure Majestät in Allerhöchstihrer Weisheit bestimmt hat, die
Aufforderung an die Regierung zu richten, durch ein klares Programm diesem
Zustande ein Ende zu machen. Die gehorsamst Gefertigten konnten nur mit
der vorliegenden Darlegung dieser a. h. Aufforderung entsprechen. Sie können
daran nur die allerunterthänigste Bitte knüpfen: Geruhen Eure Majestät
das Allerhöchstdenselben geeignet Erscheinende zu verfügen, auf daß die ferneren
Geschicke des Reiches einem ungetheilt wirkenden, des kaiserlichen Vertrauens
sich erfreuenden Körper der Räthe Eurer Majestät übertragen werden, und
zu diesem Behufe über das ihren Händen übertragene Amt allergnädigst zu
verfügen. Die gnädige Huld, mit welcher Euer Majestät dem offenen Aus-
drucke ihrer Ueberzeugung und ihres Pflichtgefühles stets Gehör zu schenken
geruht haben, läßt sie hoffen, daß Euer Moajestät auch diese Bitte, welche der
loyalsten Absicht entspringt, nicht ungnädig entgegenzunehmen geruhen werden.“
Dec. (Oesterreich). Reichsrath. Das Abg.-Haus vertagt sich bis zum
47. Januar und verzichtet also darauf, auf die schwebende Minister-
krisis einen entscheidenden Einfluß zu nehmen.
„ (Oesterreich). Neun Arbeiterführer, die Leiter der Demonstra-
tion v. 13. d. M., werden verhaftet.
„ (Ungarn). Provisorische Einigung mit Croatien bez. Fiume's:
Fiume erhält einen Gouverneur, der auf Vorschlag des ungarischen
Ministerpräsidenten vom König ernannt wird. Die gemeinsamen Angelegen-
heiten Fiume's werden, gleich jenen die Croatien mit Ungarn gemeinsam hat,
auf dem ungarischen Reichstag entschieden. Mit Bezug auf innere Verwaltung
steht Fiume unter der croatischen Landesregierung und dem croatischen Land-
tag; nebenbei ist aber Fiume eine so ausgedehnte Municipalautonomie gewähr-
leistet, daß die Abhängigkeit von Agram lediglich zu einer Formsache wird,
um den croatischen Ansprüchen in dieser Art gerecht zu werden. Bekanntlich
wünscht Fiume den directen Anschluß an Ungarn, der jedoch, bei der Hart-
näckigkeit, mit welcher die Croaten ihre Ansprüche auf die Einverleibung
Fiume's in Croatien festhalten, in einer einfachen Form nicht durchführbar
gewesen a09 so daß Fiume staatsrechtlich eine Zwitterstellung angewiesen wer-
en mußte.
„ (Ungarn). Landtag. Das Oberhaus tritt schließlich der Abschaf-
fung der Prügelstrafe doch noch bei.
„ (Oesterreich). In Folge Aufforderung des Kaisers setzen
die drei Minister der Minderheit, Taaffe, Berger und Potozki ihre
gegentheilige Ansicht gegen das Memoire der Mehrheit vom
18. December gleichfalls in einer einläßlichen Denkschrift auseinander.