14 Allgemeine Chronik.
1. Mai. (Italien.) Frankreich gibt sich vergeblich große Mühe, selbst jetzt noch
Italien von der Verlegung des Regierungssitzes nach Rom abzuhalten.
2. „ (Italien.) Der Senat genehmigt das sog. Garantiegesetz mit 150 gegen
20 Stimmen.
„ „ (Dänemark.) Der Ministerpräsident erwidert einer Deputation, welche die
Regierung zu einer energischen Initiative in der nordschleswigschen Frage auf-
fordert, dieselbe könne nicht im entferntesten daran denken, diese Frage jetzt
zum Gegenstande diplomatischer Verhandlungen aufzuwerfen.
3. „ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Abg.-Haus: Das Ministerium über-
rascht das Haus mit einer neuen Vorlage bez. der Stellung Galiziens zum
Gesammtstaate, durch welche den Polen der größere Theil ihrer Landtagsreso-
lution zugestanden wird.
„ „ (Frankreich.) Paris wird von den Regierungstruppen scharf bombardirt.
4. „ (Deutsch-franz. Krieg.) Die Friedensunterhandlungen in Brüssel,
schon seit einiger Zeit in's Stocken gerathen, werden völlig suspendirt. Die
Bevollmächtigten kehren nach Berlin und Versailles zurück. Fürst Bismarck
geht am folgenden Tage behufs persönlicher Unterhandlung nach Frankfurt,
wo sich auch die franz. Minister Favre und Pouyer Quertier einfinden.
7. „ (Schweiz.) Im kath. Kanton Luzern siegen in den allg. Großrathswahlen
die Ultramontanen und führen dadurch einen vollständigen Umschwung in den
inneren politischen Verhältnissen des Kantons herbei. In dem gleichfalls kath.
Kanton Solothurn behaupten dagegen die liberalen Parteien neuerdings das
Uebergewicht über die Ultramontanen.
8. „ (England und die Verein. Staaten von Nordamerika.) Die in
Washington tagende gemischte Commission einigt sich über einen Vertrag bez.
der Differenzen sowohl in der sog. Alabamafrage als bez. der canadischen
Fischereifrage, nach welchem die erstere einem Schiedsgerichte zur Entscheidung
übergeben werden soll.
9. „ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Abg.-Haus: lehnt die Vorlage des
Ministeriums Hohenwart bez. Erweiterung der Gesetzgebungsinitiative der
Landtage nach kurzer Debatte mit 88 gegen 58 Stimmen ab.
10. „ (Deutsch-franz. Krieg.) Abschluß des definitiven Friedens zwischen
Deutschland und Frankreich in Frankfurt durch den deutschen Reichskanzler
und die franz. Bevollmächtigten (s. Beilage).
„ „ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Abg.-Haus: Der Verfassungsausschuß
geht an die Berathung der galizischen Vorlage der Regierung. Graf Hohen-
wart gibt darüber nähere Aufschlüsse, die keinen Zweifel mehr darüber lassen,
daß das Ministerium dem reinen Föderalismus zusteuert. Ungeheure Auf-
regung. Die weitere Behandlung wird augenblicklich abgebrochen und be-
schlossen, sich in einer Adresse an den Kaiser zu wenden.
12. „ (Deutsches Reich.) Reichstag: Fürst Bismarck berichtet demselben über
den in Frankfurt abgeschlossenen Frieden mit Frankreich.
„ „ (Oesterreich -Ungarn: Oesterreich.) 28 Kirchenfürsten halten den Zeit-
punkt für geeignet, sich beim Kaiser für Wiederherstellung des Kirchenstaats
zu verwenden. Auf den Vortrag des Reichslanzlers geht der Kaiser darauf
nicht ein.
14. „ (Deutschland: Bayern.) Die sämmtlichen Bischöfe des Landes suchen sich
in einer Collectiveingabe an den König darüber zu rechtfertigen, daß sie die
vaticanischen Concilsbeschlüsse trotz des ihnen ausdrücklich verweigerten kgl.
Placets doch verkündigt haben und bemühen sich, die angebliche Staatsgefähr-
lichkeit des neuen Dogmas ihrerseits zu widerlegen.
15. „ (Rom.) Der Papst lehnt neuerdings in einer Encyclica an alle Bischöfe
der kath. Kirche das ital. Garantiegesetz ab, verlangt die weltliche Herrschaft