Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
geübten Bestallung die geistlichen oder die Staatsbehörden konkurriren, endlich 
ob und in welcher Weise Bestallungen für die Kirchenvorsteher u. s. w. aus- 
gestellt und die Letzteren in ihr Amt eingeführt werden; 2) die Qualifikation 
zu den erwähnten Ämtern; 3) die Dauer des Amtes; 4) die Handhabung 
der Disciplinargewalt Über die gedachten Verwalter, namentlich die Gründe, 
aus denen ihre Entlassung erfolgen kann oder thatsächlich erfolgt; 5) die Be- 
fugnisse der Kirchenvorsteher, namentlich in welchen Fällen diese durch die Mit- 
wirkung resp. Controle einer weiteren Vertretung (Repräsentanten, Fabrik- 
räthe 2c.) eingeschränkt sind, und wie diese concurrirende Vertretung gebildet 
wird. Das Amt, resp. Bürgermeisterei, veranlasse ich in Folge dessen, mir 
über die hervorgehobenen Punkte bezüglich der dortigen katholischen Gemeinde 
Auskunft zu ertheilen, und sehe derselben bei der Kürze der mir für die Be- 
richterstattung gestellten Frist jedenfalls innerhalb 10 Tagen entgegen. Der 
andrath.“ 
Dadurch aufgeschreckt erläßt der Bischof Martin v. Paderborn 
einen Protest an den Cultminister und verbietet den Pfarrgeistlichen 
geradezu jede Mitwirkung zur Ausführung der von der Staatsregie- 
rung erlassenen Anordnung: 
„Die Gesichtspunkte, nach welchen die Pfarrer den von ihnen geforderten 
Bericht erstatten sollen, lassen erkennen, daß der Entwurf sich über ein Gebiet 
verbreiten wird, über welches seither die rechtmäßigen Organe der katholischen 
Kirche entweder selbstindig, oder im Einvernehmen mit den Staatsbehörden, 
für die Pfarrgeistlichen und Kirchenvorstände bindende Anordnungen getroffen 
haben. Seitdem die Katholiken meiner Diöcese mit der Krone Preußens ver- 
einigt, beziehungsweise wieder vereinigt wurden, haben die königlichen Behörden 
in den die Kirche betreffenden Angelegenheiten, selbst wenn diese das Gewicht 
und die kaum zu berechnende Bedeutung des nun beabsichtigten Gesetzes auch 
nicht entfernt erreichen, sich mit meinen Amtsvorgängern, oder mit mir in 
Verbindung gesetzt; — ein gemeinsames, den inneren Frieden erhaltendes und 
förderndes Zusammenwirken auf den sich berührenden Gebieten war die erfreu- 
liche Folge. Der Entwurf würde, unter der Annahme, daß er die den Pfar- 
rern vorgelegte Frageobjekte behandelt, Angelegenheiten in seinen Bereich ziehen, 
deren selbständige Ordnung und Verwaltung die Verfassungsurkunde nach 
einem klaren Wortlaut, dessen Auffassung seitens des Staates durch Mini- 
sterialrescripte eine, jede Mißdeutung ausschließende Erklärung erhalten hat, 
der römisch-katholischen Kirche zuweist, und demnach jede einseitige Anordnung 
eines Andern auf dem bezeichneten Gebiet unzulässig macht, und als eine Ver- 
letzung der Verfassungsurkunde erscheinen läßt. Ew. Exeellenz reiche ich, als 
das anerkannte rechtmäßige Organ der katholischen Kirche der zu meinem Bis- 
thumssprengel gehörenden Landestheile der Monarchie, hiermit ganz ergebenst 
meine Verwahrung ein gegen die durch den mehrgedachten Entwurf beab- 
sichtigte einseitige Behandlung kirchlicher Angelegenheiten, und füge ebenmäßig 
die Erklärung bei: daß mich Recht und Pflicht unabweisbar bestimmen, den 
Pfarrgeistlichen jede Mitwirkung zur Ausführung der deßfallsigen, ohne meine 
Zustimmung erlassenen Anordnungen zu untersagen.“ 
— Dec. (Preußen.) Die Rekrutenmannschaften der polnischen Ersatzbezirke 
der Provinz Posen werden auf die Truppen der westlichen Provinzen 
vertheilt, die posenschen Regimenter dagegen vorzugsweise aus Deut- 
schen rekrutirt. 
„ (Preußen.) Die Regierung erläßt die erste allgemeine Instruk- 
tion für Durchführung der neuen Kreisordnung in den sechs östlichen 
Provinzen.
	        
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