Zrankreich. 359
leistet! Dieß zur Antwort auf die allerliebste Rede, welche Hr. Joubelt ge-
halten hat, und wegen deren ich ihm mein Compliment mache.
Am letzten Tage der Debatte ist die Versammlung äußerst aufgeregt und
löst sich beständig in neue Gruppen auf, so daß es den Rednern beinahe un-
möglich ist, sich Gehör zu verschaffen. Der Minister des Innern, Casimir
Périer: Als Berichterstatter der Budgetcommission habe er sich bereits gegen
das Regierungsprojekt ausgesprochen und bei seinem Eintritt in das Ministe-
rium ausdrücklich in dieser Hinsicht seine Vorbehalle gemacht. Nun glaube er
aber einen Ausgleich vorschlagen zu können, in welchen die Regierung ihrer-
seits zu willigen bereit sei. Man erkenne die Steuer auf die Rohstoffe im
Prinzip und als Ergänzung der übrigen Taxen an, ernenne eine Commission
zur Prüfung der Tarife und untersuche inzwischen alle andern Steuervorschläge.
Marcel Barthe formulirt diesen Vermittlungsvorschlag genauer in folgendem
Antrage: Die Nationalversammlung läßt die Besteuerung der Rohstoffe im
Prinzip zu, soweit dieselbe die für das Gleichgewicht des Budgets erforderlichen
Staatseinkünfte ergänzen kann; eine Commission von 15 Mitgliedern soll die
Tarife prüfen, jedoch nicht eher ihren Bericht erstatten, als bis das Haus
über alle andern Steuerprojekte schlüssig geworden ist. (Sehr gut! auf der
einen, Lärm auf der andern Seite.) Lucien Brun, ein Mitglied der äußer-
sten Rechten, aber in dieser Frage von den meisten seiner Parteigenossen ab-
weichend, macht sich zum Dolmetsch einer Versammlung von Delegirten der
französischen Industrieplätze, die soeben in Versailles abgehalten worden und
zu folgendem Beschlusse gelangt ist: „Die unterzeichneten Vertreter der fran-
zösischen Industrie, von dem Wunsche beseelt, ihre Schuld an das Vaterland
abzutragen, andererseits aber auch den Aufschwung der vaterländischen Ge-
werbe nicht gehemmt zu sehen, erklären, daß der Handel und die Industrie
bereit sind, die 165 Millionen, welche die Regierung sich von der Steuer
auf die Rohstoffe verspricht, mittels einer Steuer auf ihre Umsäve aufzubrin-
gen, deren Zisser von einer Commission der Nationalversammlung zu bestim-
men wäre.“ Die 60 Unterzeichner dieses Beschlusses, sagt der Redner, sind
vermöge ihrer Stellung in der Handelswelt zu einem solchen Anerbieten voll-
kommen ermächtigt, und jeden Augenblick strömen aus den Industrieplätzen
die Beitrittserklärungen zu. Präsident Thiers: Als ich gestern das Wort
ergriff, geschah es in der Absicht, der hier eingerissenen Verwirrung ein Ziel
zu setzen. Diese Discussion säet nur Aufregung im Lande und läßt uns vor
Europa in einem traurigen Lichte erscheinen. (Stürmische Unterbrechung.) Ich
hätte gewünscht, daß man der Regierung die von ihr nachgesuchten Hilfsquellen
etwas bereitwilliger zur Verfligung gestellt hätte. Die Discussion ist erschöpft,
und wir müssen endlich zu einem Schlusse gelangen. Ich habe Ihnen gesagt:
lassen wir die Ziffer der Steuer noch aus dem Spiel, aber erkennen wir sie
im Pxinzip an, dann werden Sie sehen, daß die im Lande ausgebrochene Be-
wegung zum größten Theil nur eine künstliche ist. Das auf die Rohstoffe
entfallende Quantum kann möglicher Weise durch andere Steuern vermindert
werden, so etwa durch eine Erhöhung der Mobiliarsteuer oder durch den Stem-
pel auf Fakturen oder endlich durch einen Decime auf die Mobiliarwerthe;
es genügt, wenn Sie unsern Vorschlag einstweilen nur im Prinzip zulassen.
Sie können mir nicht verdenken, wenn ich ein festes Programm habe; man
kann nur mit festem Willen und unerschütterlichen Ueberzeugungen regieren.
Auch hätte ich, wenn ich nur meinen Eingebungen gefolgt wäre, schon vor
einigen Togen die Cabinetsfrage gestellt; doch ließ ich mich hievon durch meine
Collegen abbringen, deren Rathschlägen ich mich nicht verschließen will, und
so hat Ihnen der Minister des Innern einen Vermittlungsvorschlag gemacht.
Auf diesen antwortete Hr. Lucien Brun mit einem Gegenprojckt, einer Offerte
im Namen von 60 Industriellen ohne Mandat, die sehr rechtschaffene und
patriotische Leute sein mögen, wenn es aber zum Zahlen kommt, ohne Zwei-
fel von ihren Hintermännern im Stich gelassen werden. Ehedem bracht-