Dle päpstliche Eurie. 457
den um ihr legitimes Eigenthum gleich. Die Unterdrückung der religiösen
Orden in Rom ist also nicht bloß eine offenbare Ungerechtigkeit gegen Indi-
viduen, die sich um die menschliche Gesellschaft verdient gemacht haben, sondern
sie ist ein wahres Attentat auf das internationale Recht der ganzen katholischen
Christenheit. Die Dankbarkeit legt Uns ferner die Pflicht auf, hervorzuheben,
daß die Unterdrückung der religiösen Körperschaften in Rom dem apostolischen
Stuhl, bei welchem die ausgezeichnetsten Mitglieder dieser Orden als nützliche
Mitarbeiter im heiligen Ministerium sich bethätigen, keinen geringen Schaden
zusügen würde. Als solche wohnen sie den verschiedenen kirchlichen Congrega-
tionen bei und geben bald Aufklärungen über die verschiedenen Missionen,
welche ihrer Sorge anvertraut sind, bald widmen sie sich tiefgehenden Studien
zur Widerlegung falscher Lehren, bald endlich verkündigen sie ihr weises Ur-
theil über die verschiedenen disziplinarischen Fragen der einzelnen Kirchen der
ganzen katholischen Welt. Der wahre Zweck des von der usurpatorischen Re-
gierung projektirten Gesetzes der Unterdrückung der religiösen Körperschaften
liegt also klar am Tage. Es ist nichts Anderes als die Fortsetzung jenes un-
heilvollen und subsersiven zerstörerischen Werkes, welches seit dem Tage der
gewaltsamen Besetzung Roms in heuchlerischer Weise zum Schaden nicht
bloß Unserer weltlichen Gewalt, sondern insbesondere auch zum Nach-
theil Unseres obersten Apostelamtes ausgeführt wird. Sie wissen,
Herr Cardinal, wie sehr Unser Herz bei dem täglichen Anblick all dieses Un-
glücks der Kirche zerfleischt wird. Wenn Uns nun Gründe hohen religiösen
Interesses riethen, in der jetzigen Lage der Dinge diese so sehr von Uns ge-
liebte Stadt, den Sitz des römischen Pontifikats, vorläufig nicht zu verlassen,
so geschah dieß gewiß nicht ohne eine besondere Fügung der göttlichen Vor-
sehung, damit die Welt sich durch die That von dem Loos überzeuge, welches
der Kirche und dem römischen Oberhirten vorbehalten ist, wenn die Freiheit
und Unabhängigkeit seines höchsten Apostolats durch das Aufgeben einer Posi-
tion, die ihr providentiell von Gott angewiesen ist, in Frage gestellt wird.
Und wer kann sich in der That in der neuen Ordnung der Dinge frei und
unabhängig nennen? Es genühgt nicht, sich für den Augenblick materiell per-
sönlich frei nennen zu können; es ist nothwendig, in der Auslübung seiner höchsten
Autorität frei und unabhängig zu sein und vor den Augen aller Welt so zu er-
scheinen. Der Papst aber ist weder, noch wird er frei und unabhängig sein, so
lange seine höchste Autorität der Vergewaltigung und Willkür einer feindlichen
Gewalt unterworfen ist; so lange sein erhabenes Amt Zielscheibe des Einflusses und
des Vorwaltens politischer Leidenschaft ist; so lange seine Gesetze und Dekrete nicht
über den Verdacht der Parteilichkeit oder der Beleidigung für die verschiedenen
Nationen erhaben sind. In der neuen, dem Pontifikat nach der Usurpation des
Kirchenstaats bereiteten Lage ist der Kon flikt zwischen beiden Gewalten
unvermeidlich; die Eintracht, die Harmonie kann nicht vom guten Willen der
Menschen abhängen. So wie die Beziehungen beider Gewalten auf einem
albernen System beruhen, können auch die Wirkungen dieses Verhältnisses keine
anderen sein, als daß sie nothwendigerweise aus feindlich entgegengesetzten Ele-
menten hervorgehen, welche dieselben in beständigem und peinlichem Kampf
erhalten müssen. Die Geschichte selbst ist reich an Konflikten zwischen beiden
Gewalten und an Beispielen von Bewegungen in der christlichen Familie, so-
bald die römischen Oberhirten auch nur momentan der Autorität einer frem-
den Gewalt untergeordnet waren. Die Ursache hievon leuchtet ein. Da die
Welt in eine ziemlich beträchtliche Zahl von Staaten getheilt ist, die unab-
hängig von einander, theils stark, theils schwach find, so konnten der Friede
und die Ruhe in den Gewissen der Getreuen nur vermöge ihrer Sicherheit
und Ueberzeugung von der hohen Unparteilichkeit des allen Gläubigen gemein-
samen Vaters und der Unabhängigkeit seiner Akte bestehen. Wie könnte dieß
nun heute der Fall sein, wenn die Aktion des römischen Oberhirten beständig
der Parteiagitation, der Willkür der Regierenden, sowie der Gefahr ausgesetzt