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Die pũpstliche Curie.
ist, bei jedem Schritte seine eigene Ruhe, sowie die seiner Rathgeber und Diener
gestört zu sehen? Auch die Freiheit der heiligen Congregationen, denen es ob-
liegt, Fragen zu lösen und auf alle Consultationen der katholischen Welt zu
antworten, ist von ungeheurer Wichtigkeit für die Sicherheit der Kirche, sowie
für die legitimen dringenden Bedürfnisse aller christlichen Nationen. Es ist in
der That nothwendig, daß Niemand auf Erden je an der Freiheit und Unab-
hängigkeit der Entscheidungen und Beschlüsse zweisle, die vom gemeinsamen
Vater der Gläubigen ausgehen. Es darf Niemand von der Furcht fremder
Pressionen auf die Entschließungen des Papstes beängstigt sein. Der Payfst,
die Congregationen und das Conclave selbst sollen nicht bloß faktisch frei sein,
sondern diese Freiheit muß auch offenbar und sichtbar hervortreten, so daß in
dieser Beziehung kein Zweifel bestehen darf. Da nun die religiöse Frei-
heit der Katholiken als unumgängliche Vorbedingung die
Freiheit des Papstes nöthig hat, so folgt daraus, daß, wenn der
Papst, der oberste Richter und das lebendige Organ des Glaubens und des
Gesetzes der Katholiken, nicht frei ist, sie auch nie von der Freiheit und Un-
abhängigkeit seiner Handlungen Überzeugt sein können. Daher die Zweifel und
Aengsten der Gläubigen; daher die religiösen Aufregungen der Staaten, daher
jene katholischen Demonstrationen, welche als Ausdruck der inneren Unruhe
der Geister seit dem gewaltsamen Raub des letzten Restes des päpstlichen Be-
sites mit jedem Tage wuchsen und nicht eher ein Ende haben werden, als bis
das Haupt der katholischen Christenheit wieder in den vollen und thatsächlichen
Besitz seiner Unabhängigkeit eingesetzt ist. Unter solchen Umständen ist es schwer
zu begreifen, wie man noch im Ernst von einer Versöhnung zwischen dem
Papstthum und der usurpatorischen Regierung reden kann. Und was für eine
Versöhnung könnte in der That bei der gegenwärtigen Lage der Dinge statt-
finden? Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Frage, welche, sei es in
politischer, sei es in religiöser Hinsicht, aufgetreten wäre und Wege zu einer
angemessenen Transaktion offen ließe. Es handelt sich vielmehr um
eine gewaltsame, dem römischen Oberhirten geschaffene Lage,
welche fast vollständig jede Freiheit und Unabhängigkeit zer-
stört, die für die Verwaltung der Kirche unbedingt nothwendig
ist. Wenn der römische Oberhirt sich also einer solchen Versöhnung geneigt
zeigte, so würde dieß gleichbedeutend für ihn damit sein, nicht nur daß er auf
alle Rechte des heiligen Stuhles, die ihm von seinen Vorgängern üÜberliefert
wurden, Verzicht leistete, sondern auch daß er aus freien Stücken sich darein
ergäbe, in der Auslibung seines obersten Amtes fortwährend auf Hindernisse
zu stoßen, die Gewissen der Gläubigen in Unruhe und Aufregung zu lassen,
sich den Weg zur freien Verkündigung der Wahrheit zu verschließen, mit
Einem Worte: freiwillig den Launen einer Regierung jene erhabene Mission
preiszugeben, welche das römische Pontifikat unmittelbar von Gott erhalten
hat, mit der strengen Verpflichtung, deren Unabhängigkeit vor jeder menschli-
chen Gewalt zu bewahren. Nein, Wir können Uns nicht beugen vor den An-
griffen gegen die Kirche, vor der Usurpation ihrer heiligen und unverletzlichen
Rechte, vor der ungeziemenden Einmischung der bürgerlichen Gewalt in die
religiösen Angelegenheiten. Fest und unbeugsam in der mannhaften Verthei.
digung der Interessen der Unserer Obhut anvertrauten Heerde, mit allen Mit-
teln, welche Uns zu Gebote stehen, sind wir bereit, noch größern Opfern ent-
gegenzugehen und, wenn es sein muß, selbst unser Lebensblut zu vergießen, ehe
wir irgend eine der Uns vom höchsten Apostolat auferlegten Pflichten ver-
säumen. Was sollten Wir auch nicht? Mit der Hilfe des Herrn werden wir
nie verfehlen, den Hirten der Kirche und den andern heiligen Dienern, welche
in der schweren Noth der Zeiten so viele Kämpfe für die Sache Gottes und
das Heil der Seelen, für die Vertheidigung des heiligen anvertrauten Gutes
des Glaubens, für die Unverletzlichkeit der ewigen Prinzipien der Moral und
Gerechtigkeit bestehen, ein Beispiel der Kraft und des Muthes zu geben. Was