Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 79
Ein Pärsschub von 50 Mitgliedern dürfte nicht zu viel sein, aber wahrschein-
lich doch genügen, um den Widerstand des Herrenhauses zu brechen.“
13. Febr. (Deutsches Reich.) Die offiziösen Berliner Blätter sprechen
sich sehr befriedigt aus über den Ausgang der Debatte bezüglich der
sog. Reservatrechte in den Abg.-Kammern von Bayern und Württem-
berg. Ein gerade entgegengesetztes ist dagegen das Urtheil der süd-
deutschen democratischen, clericalen und particularistischen Blätter.
Die erstern meinen: „So ist denn das Necht des Reichs aus den Kämpfen,
welche die Reichsfeindlichen in Süddeutschland eröffnet haben, unversehrt, ja
neu gestärkt hervorgegangen; der warme Dank der Nation gebührt den lei-
tenden Staatsmännern. Die Neden der Minister in München und Stuttgart
bleihen im guten Andenken derer, welche die Früchte einer gesunden organischen
Entwicklung in Deutschland ernten. Sie gehören der Geschichte an.“ Die
letztern dagegen erklären: „Die Einzellandtage haben hiernach ihre Bedeutung
gänzlich verloren. Sie müssen gewärtigen, daß ihnen nun eine Competenz um
die andere entzogen und daß sie so allmählich überhaupt überflüssig gemacht
werden. Unter solchen Umständen lohnt es nicht mehr der Mühe, in diesen
Landtagen etwas zu schaffen, von dem man nicht weiß, ob es nicht durch das
Reich sofort wieder umgestoßen wird. Und was soll im Grunde das Volk
auch sich für Reservatrechte und andere Zuständigkeiten ereifern, welche die
Regierungen jeden Moment, ohne das Volk zu befragen, an das Reich ab-
treten können? Das wäre nutzlose Arbeit. Die Verhältnisse liegen nunmehr
klarer, als seither, und jetzt ist es für die politischen Parteien möglich, eine
seste Stellung dazu zu nehmen. Es ist zweifellos geworden, daß die freiheit-
lichen Ziele nicht da liegen können, wo ein Windhauch genügt, das ganze Ge-
bäude wie ein Kartenhaus über den Haufen zu werfen, sondern nur da, wo
Volksrechte und Volksfreiheiten nachhaltig gesichert sind, wenn es einmal ge-
lungen, solche zu erkämpfen, — und das ist einzig im Reiche. Die ganze
Kraft und Thätigkeit des Volkes ist also fortan im Reiche zu concentriren,
nimmermehr aber darf sie für Conservirung von Zuständigkeiten, ohnehin
meist nur in Kronrechten bestehend, vergeudet werden, welche die Einzeln-
Regierungen jeden Augenblick an das RNeich ausliefern und womit sie dann
alle mühsam erlangten freiheitlichen Errungenschaften wieder zu nichte machen
önnen.“
(Preußen.) Eine von vielen Hundert deutschen Bürgern Posens
besuchte Volksversammlung beschließt eine Adresse an den Fürsten
Bismarck, welche diesem für seine Haltung den Dank der Deutschen
Posens ausspricht und die Hoffnung betont, daß besonders auf dem
Gebiete deutschen Schulwesens bald dem polnischen Parteigetriebe ener-
gisch Einhalt gethan werde.
14. „ (LDeutsches Reich.) Der seit längerer Zeit unterhandelte Post-
vertrag mit Frankreich wird im deutschen Botschaftshotel zu Paris
unterzeichnet, nachdem Frankreich endlich auf seine Ansprüche bezüglich
der Transitpoststücke hat verzichten müssen, um nicht von Deutschland
einfach umgangen zu werden.
„ „ (Deutsches Reich.) Bundesrath: Der Ausschuß für Handel
und Verkehr berichtet über die Errichtung der zahlreichen deutschen
Consulate in dem Zeitraume vom 22. Sept. v. Is. bis 5. Febr.
ds. Is. und beantragt, der Bundesrath wolle anerkennen, daß damit