Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Das deulsche Rtich und seiue einjelnen Glieder. (Dec. 10 11) 195 
dieser Stadt, welche soeben ihre Liebe und Verehrung für (ihren theuren 
Kaiser in ebenso glänzender als würdiger Weise ausgedrückt hat 
10. December. (Preußen.) Abg.-Haus: verweist die er- 
neuerte Vorlage eines Communalsleuergesetzes an eine Commission. 
Das Zustandekommen desselben ist zweifelhaft. Löwe (Verlin) spricht 
sich gegen die Vorlage als reaktionär und unannehmbar aus, 
Miquel dagegen erklärt das Zustandekommen des Gesehes sei ein 
dringendes Bedürfniß und meint, die Regierung habe ihre Aufgabe 
im Allgemeinen richtig gelöst. 
11. December. (Preußen.) Abg.-Haus: Debatte über einen 
weiteren Antrag Windthorst's auf Abänderung des Gesetzes über die 
Aufhebung geistlicher Orden. Cullminister Falk erklärt jedoch, die 
Regierung setze den auf Vernichtung der Gesetzgebung gegen die 
Uebergriffe der katholischen Kirche gerichteten Anträgen Windthorst's 
ein unbedingtes Nein! entgegen. Der Minister erkennt die Friedens- 
liebe des Papstes an. Auch die Regierung sei bereit zum Frieden 
auf der Vasis des Schreibens des Kronprinzen an den Papst, müsse 
aber einen staatlich möglichen, dauerhaften, mit Garantien versehenen 
Frieden haben und könne ihre schwer errungene Position nicht nutz- 
los ausgeben. „Der Besitz der betreffenden Gesetze war, ist und 
bleibt eine Nothwendigkeit für die Regierung.“ Das Haus geht 
über den Autrag zur einfachen Tagesordnung über gegen die Stim- 
men der Ultramontanen und Altconservaliven. 
Die Rede Falks: erörtert zuerst die thatsächliche Lage der Frage 
der Orden und berichtigt die Angaben und Behauptungen der Ultramon- 
tauen, worauf er fortfährt: „M. H. Von dem Standpunkte des Bedürf- 
nisses ist der Antrag ungerechtfertigt; aber er ist auch nach verschiedenen 
anderen Gesichtspunkten hin ungerechtfertigt. Die Schwierigkeilen, welche der 
Ansführung des Gesetzes vom 31. Mai 1875 enlgegenstanden, sind durchaus 
nicht groß. Wir haben eine Ueberfülle von Lehrern und Lehrerinnen katho- 
lischer Confession; allein in der „Abrinprovinz bilden zur Zeit nicht weniger 
als zehn staatliche Seminare Lehrer aus und zwei slaalliche Seminare 
Lehrerinnen. Es bestehen neben diesen zu gleichen Zwecken Muäbildungs- 
curse in Köln, Düsseldorf, Koblenz, Aachen. Die katholische Lehrerinnen- 
Bildungsanstalt zu Münstereifel ist durch einen erheblichen Staats zuschuß 
in ihrem Bestande gesichert. In der Provinz Westfalen sind die Anstalten 
u Hörde und Paderborn weiter ausgedehnt und eine Anstalt zu Ninteln 
gegründet. Für Hildesheim und Osnabrück wird durch die Ausdehnung des 
Seminars in Hildesheim ausreichend gesorgt; das Seminar für Montabaur 
ist wesenklich ausgedehnt worden und in ein unens Stadium getreten. Es 
ist auch nicht die Bedürftigleit der Communen, welche die Durchführung des 
Gesetzes besonders erschwert hätte; denn nachdem in dem Etat für 18706 der 
Landtag der Monarchie der Staatsregierung jenen bekannten Fonds für die 
Unterstühung von Töchterschulen bewilligt hatte, find die Miltel vorhanden 
gewesen, durch welche die Communen Anstalten gründen und unterhalten 
13“
	        
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