200 Das deulsche Reich und leine einzelnen Glieder. (Dec. 11.)
vielleicht dankbar acceptirte; aber wie steht es mit der Beweisung des Dankes
durch die That, wo ist da eine Garantie dafür? Es ist ihre Ueberzeugung
nicht, wie es da und dort in den öffentlichen Stimmen heißt, es würde das
eine That der Gerechtigkeit sein, und die würde die Bevölkerung gut und
günstig stimmen. Nein, man würde es immer nur betrachten als eine That
der Schwäche, der Hilflofigkeit. Sehen Sie, in dieser Beziehung brauche ich
doch bloß an das zu erinnern, was die verehrten Herren aus dem Centrum
hier sagen, was die ihnen nahestehenden Blätter alie Tage predigen, so daß
man wirklich sagen kann: es singen die Spatzen von den Dächern, es wird
überall geschildert, in welcher traurigen Verfassung der Staat sich befinde,
daß es allerhöchste Zeit sei, wenn wir nicht zu Grunde gehen wollen, nun
in umserhendalegen einzutreten, nachzugeben, zu ändern. Ja, wer möchte
wohl längnen, welche Schwierigkeiten, welche Last der Staatsregierung er-
wächst daraus, daß Nachtheiliges und Unfriede vorhanden ist; aber so ist es
denn doch nicht, wie Sie predigen, sondern es ist so, daß das getragen wer-
den muß gegenüber der großen Aufgabe, die in dieser Angelegenheit seitens
des Slaales zu lösen ist. Dennoch ist die Stimme, die Sie auf diesem Ge-
biete führen, eine gar kräflige und laute. Sie unterstützen sie. wenn auch
von Ihrem Standpunkt Widerspruch dagegen erhoben wird, durch Mitanwen-
dung aller in dieser Beziehung möglichen Mittel. zunächst durch Heranziehung
von Stimmen aus anderen Lagern als dem Shrigen, die sich etwa stärker oder
schwächer in diesem Sinne verlanten lassen. Es ist ja gan) erklärlich, wir
sind in einer eigenthümlichen Slimmung. Die Verhandlungen dieses Hauses
haben bereilts gezeigt, wie diese Stimmung auf anderem Gebiete wirkt; es ist
hier nicht anders, man bindet an den Culturkampf Ereignisse, die gar
keinen Zusammenhang mit demselben haben oder doch aus weit anderen
Dingen, wenigstens in der Hauptsache, herbeigeführt werden; man macht ihn
für alles verantwortlich, wofür er gar nich: verantwortlich ist. Nun, so
kräftige, lante Stimmen der Herren im Centrum dringen auch weiter, und,
mir wenigstens ist es nicht zweiselhaft, daß es in Rom Ohren gibt, die diese
Stimmen sehr gut hören und als Träger darauf Bedacht nehmen, den Schall
ieser Stimmen weiter zu tragen an Stellen, die noch maßgebender sind.
Die Staatsregierung ist sich recht wohl bewußt, daß sie im gegenwärtigen
Angenblick in Beziehung auf die Beilegung, die ihr sehr dringlich erwünscht
ist, sich in einer schweren Situation befindet. Diese Schwierigleit liegt eben
in den Verhältnissen, die ich bereits andentete. Die Staalsregierung hat,
wie es nicht anders zu erwarten, sich gegenüber die Partei des Centrums
mit ihren erorbitanten Forderungen; die Staateregierung hat gegen sich
Factoren, welche ursprünglich die Geietze nichl wollten, und die natürlich auf
ihre früheren Argumentationen zurückgehen und sagen: wir haben ja dieß
richtig prophezeit, nur in dem ist Heil zu finden, was uns längst klar war.
aß dieß sanguinische Lossuungen sind, will ich dahingestellt sein lassen.
norr die Verhältnisse sind doch da, und dann finden Sie = und das ist
für die Staaleregierung doch das beklagenswertheste auch unter ihren
Freunden manche Stimmen, die geleitet werden durch jene Eindrücke, die ich
gekennzeichnet. Die Staatsregierung sieht auch weiter, daß von rechts und
links Partei- Spyeculalionen eintreten auf einen Zerfall des Centrums, damit
die Herren von rechts und links Elemente zum Zuwachs bekommen. Ja,
m. HH., ob nicht die letten Wochen auch derartigen Parteien klar gemacht
haben, wie die Sachen eigentlich liegen! Man sieht, wie eine große Zahl
Pfarreien verwaist, und bedenkt dabei nicht, daß beifpielsweise hier die
Staatsregierung machtlos ist in diejem Punkte bei allen geordneten Ver-
fassungen in Bisthümern, oder daß, wie ich sagen will, in allen Bisthümern,
wo die Ordnung noch da ist, die allerleichteste von allen Maßnahmen wäre,