Großbrillannien. (Olt. 15.) 377
durch den Tunnel zu schützen, die Meinung aus, daß man die Möglichkeit
nicht außer Acht lassen dürfe, daß ein langer Zeitraum des Friedens und
unnnterbrochener Ruhe Sorglosigkeit erzeugen dürfte, wodurch die Befestig=
ungen unwirksam armiert oder un mreichend bemannt gelassen werden könn-
teu, und somit keine Sicherheit gegen eine überrumpelunng bielen würden.
Der Ausschuß verzeichnet demnach seine Meinung, daß es vermessen sein
würde, absolutes Vertrauen selbst in die umfassendsten Anstalten zu setzen,
die getrossen werden lönnten, um den Tunnel „absolut unbranchbar für
einen Feind in jeder nur denkbaren Evenlualität“ zu machen. Zur Beant-
wortung dieser Frage beschäftigte sich das Komité zuerst mit der Erörterung
der Mittel zur Verteidigung des Tunnels und kam zu dem Schlusse, daß die
Mündung des Tunnels außerhalb des Schußbereiches von der See aur liegen
und durch die vorgeschobenen Werke einer Festung ersten Nanges beherrscht
werden müßte; ferner müßle es möglich sein, den Tunnel auf eine bestimmte
Länge mit irrespirablen Gasen zu füllen, ihn unter Wasser zu setzen oder
ihn durch Minen auf dem Meeresgrunde ganz zu zerstören. DToch mußte
das Komité zugestehen, daß es voreilig wäre, zu behaupten, daß der Tunnel
mit Hilfe dieser Mittel unbediugt oder in allen Fällen unbrauchbar für
einen Feind gemacht werden lönne. Sir John Adde gibt vielmehr in seinem
Spegial-Gutachten die Möglichkeit zu, daß eine Invasion zur See mit Er-
folg durchgeführt werde, und daß sich daun der Feind des Tunnels bemäch-
tige. Sir Garnet Wolfeley und der Herzog von Cambridge sind deshalb
unbedingt gegen die Anlage des Kanals überhaupt, um ja nicht die Sicher-
heit der Lage Englands zu gefährden oder zu beeinträchtigen, wobei Ersterer
den angeblichen Ausspruch Moltke's zitiert, er könne sich wohl ein Dutzend
Wege denken, auf denen eine Armee nach England 4 gelanyen lönnte, aber
nicht einen einzigen, auf dem sie wieder herauskäme. Die Anlage des Tunnels
würde aber unter Umständen dem Feinde eben diesen einzigen Weg, den sich
selbst ein Moltke nicht denken konnte, bielten. — In Frankreich freilich
ist die Anschauung eine gang andere als in England und sprechen sich große
und kleine Blätter über die englische Anschauung nicht ohne Bitterkeit aus.
Alle sind der überzeugung, daß der Tunnel mit der Zeit doch zu Stande
lommen werde.
15. Oktober. Eine Anzahl indischer Militärs von der in
Agypten verwendeten Division besucht mit Erlaubnis der Regierung
London, späler noch mehrere, und sie werden dort vielfach gefeiert.
Das Ereignis hat eine gewisse Bedeulung; es ist der erste Fall
dieser Art.
Als Beaconsfield s. Z. durch den Suez-Kanal Sipois (Sipahis) nach
Malta zur etwaigen Verwendung im europäischen Oslen bringen ließ, brach
die von Gladslone geführte Opposition in einen wahren Sturm über das
Herbeiziehen asiatischer Söldner nach europä#schen Gewässern los. Das
Rote Meer — hieß es damals — sein die Greuze, über die hinaus man
solche Truppen nicht zeigen dürfe. Die Frage wurde gestellt: ob Lord
Beaconsfield sich gar einmal vermessen werde, nicht-enropäische Soldaten auf
die Normannischen Inseln zu bringen? Im Namen der geheiligten englischen
Verfassung klagte man ihn des gefährlichsten Imperialismus an. Nun
wandeln solche schwarzebranne Krieger am Parlamentshause in London vor-
bei und scheinen sich merkwürdig stolz zu fühlen; ihr Gang drückt es in
jeder Bewegung aus. Mit einer das Mutterland noch überbietenden über-
schwenglichkeit gibt sich denn auch in Indien das ganze Land der ungetrüb-