Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (April 2.) 197
die Stimmen der fünf Minister und von fünf Abgeordneten der Nechten,
welche sich früher gegen die Novelle ausgesprochen und engagiert hatten.
Im weiteren Verlauf der Debatte wird der Art. 21, der die
allgemeine Schulpflicht thatsächlich von 8 Jahren auf 6 Jahre
herabsetzt, in namentlicher Abstimmung mit 172 gegen 159 Stimmen
angenommen.
Die Linte macht bei demselben den vergeblichen Versuch, ihren früheren
Antrag wieder aufzunehmen, nämlich der Regierung ein weitgehendes Recht,
Schulpflichterleichterungen zu gewähren, einzuräumen. Die Linke stränbt sich
namentlich gegen die große Macht, welche den Gemeinden hier eingeräumt
wird; unter Leitung der Geistlichleit werden jast alle Landgemeinden die
Schulpflicht auf 6 Jahre herabsetzen. Der Unsrricht. minister bestreitet in
längerer Rede die prinzipielle Bedentung des § 21; es liege darin „kein Zu-
rückgehen, sondern ein Fortschritt, eine namhafte PVerbeisckung der Schule“,
und erklärt schließlich, gegen den Abg. Sueß gewendel, daß, wenn das, was
oppositionellerseits in die Novelle hineingelegt wird, wirklich in derselben ent-
halten wäre, sich gewiß tein österreichischer Beamter gefunden hätte, um es
zu verteidigen; dessen würde sich jeder schämen.
Art. 48, der die Schule wieder zu einer konfessionellen macht
und damit die Herrschaft der Kirche über dieselbe wenigstens wieder
anbahnt und auf dessen Bekämpfung die deutsch-liberale Opposition
alle ihre Kräfte konzentriert hat, wird in namentlicher Abstimmung
mit 169 gegen 163, also mit einer Mehrheit von nur 6 Stimmen
angenommen.
Der Unterrichtsminister erklärt, daß die Novelle selbstverständlich nicht
rückwirkende Kraft habe. Die Behauptung, dieser Paragraph sei nur eine
Abschlags #zahlung an die Klerikalen, weise er entschieden zurück. Sturm er-
blickt in diesem Paragraphen eine Abänderung des Staatsgrundgesehes. Prä-
sident Smolka hat noch soviel Kremsierergewissen, daß er zwar, nach rechts
gewendet, die einfache Majorität für genügend erllärt, dann aber, nach links
hin, die Entscheidung der Krone anheimstellt. Die Linke erklärt, die Frage
bei der 3. Lesung nochmals zur Sprache und Entscheidung bringen zu wollen.
Art. 75, welcher Galizien und Dalmatien eine Ausnahme-
stellung einräumt, wird nach heftiger Debatte mit 173 gegen 160
Stimmen angenommen und ebenso die Anordnung, daß die Uber-
gangsbestimmungen im Verordnungswege von der Regierung ge-
troffen werden sollen.
23. April. (Ungarn: Kroatien.) Die allgemeinen Landtags-
wahlen fallen entschieden zu Gunsten der Regierung und des Banus
Pajacsevic aus. Nicht weniger als 27 Bezirke wählen regierungs-
freundlich, nur 4 sog. Starcevicianer, nur 3 sog. Mrozovicianer.
Auch die ehemalige Militärgrenze, die zum erstenmal ihre Vertreter
im Landtag zu wählen hat, wählt ganz überwiegend regierungs-
freundlich: die unabhängige Nationalpartei trägt nur 3, die groß-