Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Aug. 29— Sept. 1.) 87 
stellungsfähigen Männern entzogen werden. Ich bin damit einwerstanden, 
daß die hier im Lande wohnenden geborenen Franzosen und die ursprünglich 
gültig optiert habenden Elsaß-Lothringer bei ruhigem Verhalten in ihrem 
Hierwohnen nicht gestört werden, denn diese Auffassung entspricht dem wohl- 
wollenden Gedanken Sr. Maj. des Kaisers bei Einsetzung der Optanten- 
Immediat-Kommission. Aber auch damit bin ich es, daß dem obigen un- 
natürlichen Zustande vorgebeugt werden muß. Der Zeitpunkt, wo dies am 
richtigsten geschieht, ist der, an dem einer der Söhne dieser 4585 Familien- 
vorstände das wehrpflichtige Alter erreicht.“ Folgen die näheren Bestimmungen. 
29. August. (Deutsches Reich.) Altkatholikenkongreß in 
Krefeld. Es finden sich zu demselben einige 80 Delegierte ein aus 
41 Orten Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz, Holland, 
Belgien und Amerika. Die Versammlung beschließt folgende Re- 
solutionen: 
„1) Wir halten fest an dem katholischen Bekenntnisse, wie es auf den 
altkatholischen Kongressen und Synoden zum Ausdruck gelangt und in den 
altkatholischen Religionsbüchern niedergelegt ist, und finden darin die Grund- 
lage des Widerstandes gegen das römische Vorgehen und den Ausgangspunkt 
für eine wirkliche Reform der Kirche. 2) Auf diesem Rechtsboden stehend, 
erhalten wir den in Baden, Hessen und Preußen erlangten gesetzlichen Zu- 
stand mit allen zulässigen Mitteln aufrecht. Der endliche Erfolg kann nicht 
ausbleiben, weil der Staat zu der Einsicht gelangen muß, daß der in dem 
vatikanischen Dogma festgestellte Absolutismus des Papstes unverträglich ist 
mit dem Rechtsstaate und mit dem auf Gewissen und Christusglauben ruhen- 
den Charakter der Kirche. 3) Wir müssen zu erreichen streben, daß in Baden, 
Hessen und Preußen, nicht, wie bisher, die ihrem alten Glauben treu ge- 
bliebenen Katholiken, die Altkatholiken, sondern diejenigen dies vor der Be- 
hörde zu erklären haben, welche sich zu den am 18. Juli 1870 aufgestellten 
neuen Dogmen bekennen. 4) Die Festhaltung an der katholischen Verfassung 
der Kirche legt uns nicht die Notwendigkeit auf, entweder die Idee des Pri- 
mats zugleich mit der Unfehlbarkeit anzuerkennen oder jene preiszugeben, 
weil der geschichtliche Träger dieses Primats diesen selbst am 18. Juli 1870 
vernichtet hat. 5) Der Altkatholizismus geht seinem Wesen nach nicht darauf 
aus, eine politische Parkei zu bilden, weil er sein Ziel in der Zurückführung 
der Kirche auf ihre rein sittliche und religiöse Grundlage erblickt. Indem 
wir die römische Kirche bekämpfen, verfolgen wir tiefnationale Ziele. 6) Wir 
haben die Überzeugung, daß ohne eine wahre Reform der Kirche an Haupt 
und Gliedern der sittliche Boden für die richtige Entwicklung der fortge- 
schrittenen Menschheit nicht gewonnen werden kann; wir hoffen, daß ein auf 
deutschem Boden tagendes allgemeines Konzil dereinst im altkatholischen Geiste 
diese Reform vornehmen wird.“ 
29. August. (Hamburg.) Attentat auf einen Bankier, wahr- 
scheinlich durch Anarchisten. Die Verletzung ist nicht lebensgefähr- 
lich. Der Hauptattentäter wird ergriffen. 
— Angust. (Deutsches Reich.) In der Rübenzuckerindustrie 
ist infolge von Überproduktion eine schwere Krisis eingetreten, durch 
die weite Kreise in Mitleidenschaft gezogen werden. 
1. September. (Deutsches Reich.) Generalversammlung der
	        
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