94 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 9.—18.)
Der Etat balanziert mit 746.892,644 M. Derselbe wird ohne be-
merkenswerte Aenderungen am 28. März in dritter Lesung nebst
dem Anleihegesetze angenommen.
9. März bzw. 28. April. (Preußen: Unfallversiche-
rung.) Abg.-Hs.: Der Gesetzentwurf betreffend die Abgrenzung
und Organisation der Berufsgenossenschaften zur Ausführung des
Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 (val. Gesch. Kal. 1886. IV. 6.—7.)
wird in dritter Lesung angenommen.
Das Herrenhaus stimmt demselben am 28. April zu.
15. März. (Reichslande: Landesausschuß.) In der
Sitzung des Landesausschusses interpelliert Stadtpfarrer Winterer
bei der 3. Lesung des Etats die Regierung, obgleich der leitende
Minister Staatssekretär v. Hofmann nicht anwesend ist, über die,
wie es heiße, von der Regierung infolge des ungünstigen Ergebnisses
der Reichstagswahlen beabsichtigten Maßregeln:
„Die Wähler hätten nur von ihren konstitutionellen Rechten Gebrauch
gemacht, die Wahlen seien ruhig und unter Achtung des Gesetzes vor sich
gegangen, aber nicht unter dem Druck auswärtiger Einflüsse. Man habe
von der Notwendigkeit einer Reform der Bildung der Geistlichen gesprochen,
nötiger scheine eine Reform des Beamtentums, welches in der Presse zu feind-
seliger Auffassung der Dinge aufstachle. Redner schließt mit den Worten,
die wohl als Drohung aufzufassen sind: „Wer Wind säet, wird Sturm
ernten.“
Unterstaatssekretär v. Puttkamer verwahrt die Regierung zu-
nächst gegen so allgemein gehaltene, ihr untergeschobene Absichten, da doch
Redner keine Thatsachen angeführt habe. Nicht der Ausfall der Wahlen,
der nicht wesentlich überraschend gewesen, sondern die bei der Wahl zu tage
getretenen Erscheinungen haben Maßregeln notwendig erscheinen lassen, welche
über das Maß des Schutzes vor Aufreizungen von außen nicht hinausgingen.
Die ausländischen Einflüsse würden aber entschiedene Abwehr finden, ins-
besondere die Tendenz, den Frankfurter Frieden rückgängig oder hinfällig zu
machen. Zugleich müsse dahin gewirkt werden und alles Geeignete geschehen,
um die staatsrechtliche Stellung des Landes zur allmähligen Verschmelzung
desselben mit den übrigen Teilen Deutschlands zu benützen und diese Ver-
schmelzung, soweit als nur immer möglich, zu fördern. Die Angriffe auf
die Beamten weist Hr. v. Puttkamer kräftig zurück; sie seien Diener des
Kaisers und nicht des Landesausschusses und würden bei Erfüllung ihrer
Pflichten des Schutzes der Regierung in jeder Weise, und wenn nötig durch
kräftiges Einschreiten, sich zu erfreuen haben.
Unter dem sichtlich tiefen Eindruck dieser schneidigen Erwiderung ziehen
die Unterzeichner des Antrages Grad, welcher Streichung der Position für
die zur Zeit unbesetzte Stelle eines Unterstaatssekräters des Innern bezweckte,
einer nach dem anderen ihre Unterschriften zurück.
Der Etat, zu welchem der Landesausschuß 13 Änderungen
beantragt, womit sich die Verwaltung einverstanden erklärt, balanziert
mit 41.116,195 M.
18. März. (Zanzibar.) Durch den Generalkonsul Dr. Arendt