Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

282 Greßjbrilaunien. (Januar 27.) 
Ueber Irland heißt es: „Die Lage Irlands erfordert noch Ihre ste- 
tige Aufmerksamkeit. Schwere Verbrechen sind zum Glück während der letz- 
ten Monate seltener geworden, als während des gleichen Zeitraumes des Vor- 
jahres. Aber die Beziehungen zwischen den Eigentümern und den Bebauern 
des Landes, welche beim Beginn Zeichen der Besserung verrieten, sind seit- 
dem in einigen Kreisen stark gestört worden durch organisierte Versuche, die 
letztere Klasse zu vereinigen, sich der Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflich- 
tungen zu entziehen. Den Bemühungen meiner Regierung zur Abstellung 
dieses Uebels sind ernstliche Hindernisse entgegengetreten, die in der Art und 
Weise beruhen, wie das Gesetz mit dergleichen Vergehen verfährt. Ihre 
Aufmerksamkeit wird ehestens auf Vorschläge zur Reform des Prozesses ge- 
lenkt werden, welche notwendig erscheint, um eine schnelle und wirksame 
Huamsbaung des Kriminalgesetzes zu bewirken. Seit meiner letzten Adresse 
aben die Kommissäre, welche beauftragt sind, gewisse für die materielle 
Wohlfahrt Irlands hochwichtige Gegenstände zu untersuchen ihre Arbeiten 
eifrig gefördert. Der Bericht der Kommission über die Wirkung kürzlicher 
Akte bezüglich des Pachtbesitzes und des Ankaufes von Land wird Ihnen 
binnen Kurzem vorgelegt werden und zweifellos ehestens die sorgfältige Be- 
Fäsesschigung von Ihnen erfahren, welche diese hochwichtige Angelegenheit 
erheischt."“ 
27. Januar. (Churchills Rücktritt.) Unterhaus: Bei der 
Adreßdebatte gibt Lord Randolph Churchill Aufklärungen über seinen 
Rücktritt. Er verliest ein Schreiben an Lord Salisbury vom 20. De- 
zember. 
In demselben erklärt er, er habe sich über die europäische Situation 
wohl informiert, glaube jedoch, eine weise englische auswärtige Politik werde 
England von den kontinentalen Kämpfen fernzuhalten verstehen. Er habe 
aber bemerkt, daß Salisburys Kabinet eine hievon abweichende, ja gerade 
eine entgegengesetzte Politik befolge, welche er aufzuhalten nicht im Stande 
gewesen sei. Diese Tendenz des Kabinets äußerte sich in erhöhten Ausga- 
en für die Armee und Flotte, und er habe dieselben nur deshalb nicht zu 
billigen vermocht, weil er angesichts der Lage Großbritanniens die kriegslu- 
stigen Kreise im englischen Kriegsamte und in der Flotte nicht zur Teil- 
nahme an dem hohen und verzweifelten Spiele ermutigen wollte, welches 
andere Nationen zu riskieren gezwungen schienen. Er bekennt ausdrücklich, 
daß er sih mit einer Reduktion von einer halben Million begnügt haben 
würde, obgleich er die Ausgaben um sechs Millionen zu hoch hielt. Er 
zählt dann noch alle Skandale seit drei Jahren auf, wie die Staatsgelder 
verschleudert worden seien. Nicht Sparsamkeitsrücksichten allein, sondern die 
Unmöglichkeit, die Militärkreise zu verhindern, England in die kontinentalen 
Känpe mit hineinzuziehen, hätten ihn definitiv zum Rücktritte bestimmt. 
Das Antwortschreiben Salisburys vom 22. Dez. lautet: „Ich 
habe Ihren Brief vom 20. ds. erhalten, worin Sie mir schreiben, was Sie 
Donnerstag mir mündlich mitgeteilt haben, nämlich daß 31 Millionen Pfund 
für das Kriegs= und Marine-Budget eine sehr beträchtliche Ueberschreitung dessen 
sind, was Sie zugestehen können; daß Sie sich ausdrücklich zu großen Er- 
sparungen verpflichtet haben und Ihren Entschluß nicht zu ändern vermögen. 
In der Gewißheit, weder im Kabinette noch bei bei mir eine Stütze zu sin- 
den, sähen Sie sich hiemit gezwungen, ihre Entlassung zu nehmen und aus 
dem Kabinette auszuscheiden. Andererseits bin ich im besite eines Schrei- 
bens des Mr. Smith (damaligen Kriegsministers), worin derselbe erklärt, 
er halte sich zur Aufrechterhaltung der Ihnen Montag vorgelegten Kredite 
  
 
	        
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