Großbritaunien. (Januar 27.) 283
verpflichtet und weigere sich, ungeachtet Ihres Wunsches eine Reduktion der
für die Befestigung der Kohlenstationen, der Kriegs= und Handelshäfen prä-
liminierten Summen vorzunehmen. Ich kann mich bei dieser mißlichen Sach-
lage nur auf die Seite der Herren Hamilton (Marineminister) und Smith
stellen und mich gegen Ihre Ansicht aussprechen, so sehr ich dies auch aus
Gründen der öffentlichen und persönlichen Interessen bedauere. Auf dem
Kontinente ist der Horizont sehr düster, und man sagt nicht zu viel, wenn
man behauptet, daß die Wahrscheinlichkeit für den baldigen Ausbruch eines
Krieges vorliegt und wir, ist einmal der Krieg ausgebrochen, nicht sicher
sein können, mit hineingezogen zu werden. Es steht notorisch fest, daß meh-
rere unserer Häfen und Kohlenstationen sich in verteidigungslosem Zustande
befinden; ein großer Ausschuß hat die Notwendigkeit eines Schutzes für
dieselben ausgesprochen, was beide Parteien im Unterhause anerkannt haben.
Es hieße demnach eine schwere Verantwortung auf sich laden, wenn man die
Ergreifung solcher Schutzmaßregeln verweigerte. Ich würde, um mich allge-
meiner auszudrücken, in diesem Momente mit der Verweigerung so mäßiger
Kredite zaudern, wie sie Smith und Hamilton für die Eicherheit des Lan-
des für notwendig erklären. Die Frage ist so ernst, daß sie jede persönliche
oder Parteirücksicht ausschließt, und mehr, als ich zu sagen vermag, bedauere
ich den Standpunkt, auf welchen Sie sich stellen. Niemand in der That
weiß besser, als Sie selbst, wie sehr Ihr Rücktritt in diesem Augenblicke die
öffentlichen Interessen schädigen könnte. Ihrer so ausdrücklichen Erklärung
gegenüber jedoch erübrigt mir nur mehr, nochmals mein tiefstes Bedauern
auszusprechen. Salisbury.“
27. Jannar. (Aeußere Politik.) Oberhaus: Bei der Adreß-
debatte spricht Lord Salisbury die Gerüchte über die von Eng-
land beabsichtigte Wiedereinsetzung des Fürsten Alexander widerlegend:
„Wir sahen ein, daß die Wiederwahl des Prinzen unpraktisch wäre,
und sie wurde auch von keiner andern europäischen Regierung, noch weniger
von uns angestrebt. Bezüglich des Südostens von Europa wünschen wir
erstens unsere Pflichten als Signatarmacht des Berliner Vertrages zu er-
füllen und zweitens unferer traditionellen Politik gemäß die Freiheit jener
christlichen Gemeinwesen zu erhalten, welche in dem Maße, als sie sich kon-
solidieren, die beste Garantie gegen ein eventuelles Uebergreifen einer Mili-
tärmacht in jenem Teile von Europa bieten werden. Von ihnen hängt,
nachdem sie sich gehörig organisiert und vollständig entwickelt haben werden,
der zukünftige Schutz jener Länder ab. Wir wollen keinen eigenen Sonder-
einfluß dort ausüben; er würde für uns nutzlos sein. Wir wollen Rußland
nichts Legitimes verweigern; im Gegenteile werden wir glücklich sein, vorbe-
haltlich der angeführten Bedingungen Rußlands legitime Wünsche erfüllt zu
sehen. Wir finden jedoch vor Allem, daß der Einfluß, der Rußland aus
Rassen-, Religions= und politischen Rücksichten gebührt, nicht zur Ausdeh-
nung seiner Oberherrschaft dienen dürfe. Jeder derartige Versuch würde
nicht nur seinem Einflusse schaden, sondern den europäischen Interessen ver-
hüngnisvoll werden. Mit Vorsicht spreche ich von den jüngst aufgetauchten
efürchtungen wegen des Ausbruches eines Krieges zwischen den großen fest-
ländischen Mächten. Wir dürfen unmöglich gegen die Gefahr blind sein,
welche dem Frieden durch die zunehmenden Rüstungen auf einer andern Seite
Europas droht. Allen, welchen die Lawine nahe ist, ist Wachsamkeit nötig;
diese Wachsamkeit jedoch kann einen Verdacht und endlich einen Zusammen-
stoß veranlassen. Allein nichts ist. seitdem ich Minister des Aeußern bin,
geschehen, was andeuten kann, daß die Gefahr jetzt größer ist, als früher:
und unsere Botschafter in Paris und Berlin meinen, daß die Situation nicht