Grosibritannien. (Juni 15.—20.) 295
Am 9. Juli erfolgt die Annahme des Gesetzes in 3. Lesung
nachdem es seit dem 28. März ununterbrochen auf der Tagesord-
nung gestanden hat.
15. Juni. (Feniertum.) Die „Times“ ergänzt ihre früheren
Mitteilungen durch einen auf den Phönix-Park-Mord bezüglichen
Beitrag, worin sie die direkten Beziehungen der irischen Landliga
zu den Mördern Lord Cavendishs und Bourkes nachweist.
Aus einem von der Exekutive der Land-Liga in London versendeten
geheimen Rundschreiben geht von neuem hervor, daß sowohl die irische Ge-
waltpartei als die Parnelliten in Irland, England und Amerika unter Einer
Decke steckten und einheitlich geleitet wurden. Patrik Egan, der Schatzmeister,
lieferte die Geldmittel, Frank Byrne, der englische Sekretär der Land-Liga,
die Waffen für die Morde im Dubliner Stadtparke. Byrnes Frau, welche
die Waffen aus den Londoner Büreaus der Liga, Palace Chambers Bridge-
Street (Westminster), wo fie lange zur Ansicht aufgelegen, nach Dublin brachte,
wurde dafür später in Newyork als die „tapfere kleine Frau“ gefeiert. In
einem Nebenzimmer des Liga-Büreaus befand sich das Büreau der „irischen
parlamentarischen Partei“, das heißt der Parnelliten. Das Cityblatt bemerkt
in seinem Leitartikel über diese Angelegenheit, Byrnes Teilnahme stehe außer
allem Zweifel; es sei dies um so bemerkenswerter, da nach der im Besitze
der Times befindlichen Information es eine opportune Rimesse von Parnell
selbst am 23. Januar 1883 gewesen sei, welche es Byrne mölich gemacht,
nach Frankreich zu entkommen, ehe der Gerichtsbefehl für seine Verhaftung
Scotland Yard erreicht hatte.
Mitte Juni. (Liberale Unionisten.) Chamberlain hält
bei einer Parteifestlichkeit eine Rede, in der er der Hoffnungslofig-
keit, daß jemals die liberale Partei sich wieder vereinigen könne, Aus-
druck gibt.
Nach der Walliser Kampagne Gladstone's und den Erklärungen Par-
nells, Davitts und Laboucheres sei an eine Aussöhnung nicht mehr zu
denken. Es sei daher an der Zeit, die Bildung einer neuen liberalen Partei-
Organisation ins Auge zu fassen, welche als liberale Nationalpartei zum
ersten und höchsten Ziele die Reichseinheit haben müsse.
Der Gedanke Chamberlain's findet sowohl bei den übrigen liberal-
unionistischen Führern wie Hartington, Göschen u. s. w., als bei den leiten-
den Konservativen vollständige Billigung.
Aehnlich äußert sich Lord Hartington etwas später in einer
großen Programmrede in Blackburne.
20. Juni. (Senegambien.) Im Unterhause erklärte der
Staatssekretär der Kolonien, Henry Holland:
Es sei zwischen den Franzosen und deren eingeborenen Bundesgenoffen
ein Konflikt mit dem Häuptling von Baddibor am Gambiaflusse ausge rochen
infolge dessen in Baddibor die französische Flagge gehißt worden
sei. Baddibor stehe zwar nicht unter britischem guuue, aber es befinde sich
innerhalb der britischen Interessensphäre am Gambiaflusse. Die Häuptlinge
von Baddibor hätten seit vielen Jahren vertragsmäßige Verpflichtungen gegen
England. Die Regierung sei völlig von der Notwendigkeit überzeugt, die
britischen Rechte und Interessen am Gambiaflusse zu schützen. Sie wendete