Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

Fr#kreich. (Mai 21.) 331 
wirtschaft sei nur möglich, wenn alle willig zusammenarbeiteten. Er bittet 
um Ablehnung des Antrags. 
Der Obmann des u schufses Rouvier erklärt, in zwei Monaten 
sei die Prüfung des Budgets im Einzelnen unmöglich gewesen, darum habe 
der Ausschuß einen andern Weg wählen müssen, um zum Ziele zu kommen. 
Das Budget enthalte Mehrausgaben von 58 Millionen, eine Anleihe von 
400 Mill. und neue Steuern in Höhe von 136 Mill., das sei bezeichnend. 
Demgegenüber sei man mit 13.000,000 Ersparnissen gekommen. Das war 
für den Ausschuß eine wahre Enttäuschung. Das war nicht der Budget- 
ausgleich, den die Kammer beim Antritte des Ministeriums forderte. Die 
Kammer möge erklären, ob es unmöglich sei, an einem Budget von 3000 Mill. 
58,000,000 zu ersparen. (Abg. Allain-Targé: Ist ein Kabinet da, das 
die Sache um 60 Mill. billiger macht? Gelächter und Lärm.) Das Gleich- 
gewicht im Budget sei herzustellen durch Ersparnisse von dieser Höhe und 
70—80 Millionen Mehrertrag aus den bestehenden Steuern. 
Ministerpräsident Goblet: Die Lage sei das Ergebnis einer langen 
Reihe von Fehlern, der Ausschuß mache aber diese Lage zum Gegenstand 
des Zerwürfnisses. Die Regierung sei nicht schuld, daß durch Kammerbe- 
schlüsse die Ausgaben gleichzeitig um 58,000,000 gewachsen seien, während 
sie in den Budgets zweier Jahre 77 Millionen Ersparnisse gemacht habe. 
Die Regierung sei mit Freuden bereit, Ersparnisvorschläge des Ausschusses 
zu beraten, sie finde aber keine mehr. Da habe der Ausschuß gesagt: Das 
sei nicht seine Rolle. Die Regierung habe sich dagegen verteidigen müssen 
und sich geweigert, Verwaltungsreformen durch Budgetabstriche durchzuführen. 
(Lärm.) 6 ssoekschufmetglieber seien selbst Minister gewesen, 8 Unterstaats- 
sekretäre, 8 frühere Berichterstatter: warum brächten sie ihre Erfahrungen 
nicht an! Statt die Regierung aufzuklären, zwängen sie dieselbe zum 
Rücktritte. Im Interesse des Landes? Er gestatte sich daran zu zweifeln. 
Dann aber hätte der Ausschuß ein Ministerium sogleich bereit halten müssen 
bei Beginn seines Feldzuges gegen die Regierung. Clémenceau habe doch 
selbst anerkannt, daß jetzt bei der Spaltung der Republikaner die großen Re- 
formen, von denen man immer spräche, nicht anzubringen wären. Was 
werfe man der Regierung vor? Sie hatte eine kluge und feste Politik ver- 
sprochen und habe Wort gehalten. Nehme die Kammer den Antrag an, so 
ziehe sich das Kabinet zurück mit dem Bewußtsein, das Land ruhig im 
Innern, geachtet nach außen zurückzulassen und nichts gethan zu haben, was 
dem Lande nicht zur Ehre gereichte. 
Der Berichterstatter des Ausschusses Camille Pelletan verwahrt 
diesen gegen den Vorwurf der Intrigue; Rouvier wird bei einer zweiten 
koee urch die Unruhe und fortwährende Zwischenrufe an der Fortsetzung 
verhi . 
Trotzdem der allgemeine Eindruck nach Goblets Rede für einen 
Sieg der Regierung zu sprechen scheint, ergibt die Pointage für das 
von der Regierung angenommene Amendement nur 257, gegen das- 
selbe 275 Stimmen. Die Regierung ist also mit 18 Stimmen 
unterlegen. 
Goblet: Nach diesem Votum hat die Regierung kein Interesse mehr 
an dem Ergebnis, das aus dieser Debatte noch entsteht. 
Die Minister verlassen den Saal, der Kommissionsantrag 
wird unter großer Unruhe mit 312 gegen 143 Stimmen angenommen. 
21. Mai. Im „Figaro“ erscheinen die Enthüllungen des
	        
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