Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

Krankreich. (Mai 30. bzw. 31.) 333 
Steuern beauftragten Beamten zu stärken und jedes betrügerische Verfahren 
mit Energie zu unterdrücken. Das Ausgabebudget für 1888 wird auf einen 
Betrag gebracht werden, der hoffentlich geringer ist, als die im Jahre 1887 
votierten Ausgaben, und keinesfalls größer. Die Beratung der organischen 
Vorlagen der Militärverfassung befindet sich unter den der Kammer gestellten 
Aufgaben; die Regierung ist bereit, sich daran zu beteiligen. Unsere aus- 
wärtige Politik wird sich selbst treu bleiben; sie wird eine würdige, vorsich- 
tige und feste sein. Wir werden einen verdoppelten Eifer für die Vorberei- 
tungen für die allgemeine Ausstellung fortsetzen. Dies sind die Aufgaben, 
die wir uns gestellt haben. Unsere Ueberzeugung ist, daß eine Majorität 
für die Unterstützung einer wahrhaft praktischen gee vorhanden ist. Bei 
der Bildung des neuen Kabinets waren wir bemüht, die Konzentrierung aller 
wirklichen Republikaner herbeizuführen und eine entsprechende Majorität zu 
gewinnen. Wir fordern alle Republikaner, alle Patrioten auf, an diesem 
Werke, an dieser Arbeit in Ruhe mitzuwirken. Das Werk kann nur durch 
die Unterstützung aller gelingen. Wir sind von gutem Willen beseelt und 
hegen Vertrauen zu dem Urteil, welches unsere Kollegen und unsere Mitbürger 
über uns fällen.“ 
Diese Erklärung wird im ganzen mit Beifall ausgenommen, 
von der äußersten Linken mehrfach durch Lärm und Zwischenrufe 
unterbrochen, besonders als Ferry Beifall klatscht. 
Im Laufe der Debatte erklärt der Kriegsminister Ferron, er fei 
unbedingter Anhänger der dreijährigen Dienstzeit. „Die Dienstzeit muß für 
alle gleich sein, für Priesterseminaristen und Lehrer wie für andere. Der 
größte Mangel unserer Heeresorganisation ist der ungenügende Friedenseffek- 
tivstand. Man muß den Effektivstand der Kompagnieen erhöhen durch Ver- 
minderung der Zahl der Kompagnieen.“ 
Nach heftigen Angriffen von seiten Millerauds, der das 
Ministerium nicht ein Ministerium der Einigung, sondern der Spal- 
tung der Republikaner, einen Schützling der Rechten nennt — ein 
Schutz, der ein republikanisches Ministerium entehre — wird die 
von Jullien eingebrachte Tagesordnung gegen das Ministerium 
mit 285 (160 Republikaner, 125 von der Rechten) gegen 139 (Ra- 
dikale und äußerste Linke) Stimmen (140 Stimmenthaltungen — 
davon 93 Republikaner) abgelehnt und die von Rouvier verlangte 
einfache Tagesordnung sodann mit 384 gegen 156 Stimmen an- 
genommen. 
General Boulanger veröffentlicht folgenden Armeebefehl: 
„Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten! Das Kabinet, dem ich an- 
gehörte, gab seine Entlassung, und der Präsident der Republik vertraute 
einem anderen das Kriegsportefeuille an. Indem ich das Kommando der 
Armee verlasse, danke ich allen, die mir in der patriotischen Aufgabe beige- 
standen, die Mittel der Verteidigung auf eine noch unerreichte Höhe zu stellen. 
Ihr werdet unter dem Befehl meines Nachfolgers sein, was ihr unter meinem 
Befehle waret, ergeben euren berufsmäßigen Pflichten und den konstitutionellen 
Gesetzen, deren Achtung in unserem Herzen alle anderen Gefühle beherrschen 
muß. Ich werde der erste sein, euch das Beispiel dieser doppelten militäri- 
schen und republikanischen Disziplin zu geben. Gez.: Boulanger.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.