Krantreich. (Juni 22.—Juli 5.) 335
21. Juni. (Rotes Meer.) Die „Agence Havas“ meldet,
daß Flourens nach Eingang des offiziellen Textes der Erklärungen
Depretis' (vgl. Italien) in betreff Zulas und der Insel Dessy
nicht befriedigt war und den Botschafter Grafen Mouy beauftragte,
aufs neue mit Depretis darüber zu sprechen, da Frankreich seine
Rechte auf diese Gebiete stets ausdrücklich vorbehalten habe.
22. Juni. (Englisch-türkische Konvention.) Das „Jour-
nal des Débats“ stellt in Abrede, daß Graf Montebello der Pforte
eine drohende Note bezüglich der Konvention überreicht habe.
22. Juni. (Der Präsident und die Rechte.) Präsident
Grévy läßt im „Temps“ folgende offizielle Mitteilung erscheinen:
„ Angesichts gewisser falscher Angaben über die Begegnungen des Prä-
sidenten der Republik mit politischen Persönlichkeiten während der letzten
Ministerkrise, glauben wir ein= für allemale eine richtige Darstellung der
Thatsachen bringen zu sollen. Es wurde wiederholt versichert, Grévy hätte
aus eigenem Antriebe de Mackau, Präsidenten der Gruppe der Rechten, rufen
lassen, um mit ihm die politische Situation zu besprechen. Diese Angabe
ist absolut falsch. Aähren der Krise fragte Lefèvre-Pontalis, Deputierter des De-
partements Nord, den Präsidenten Grévy, ober Mackau empfangen wolle; der Prä-
sident antwortete, er würde den Abgeordneten Mackau empfangen, sowie er
alle politischen Persönlichkeiten empfange, welche ihn besuchen zu sollen
glauben. Mackau wurde hierauf Freitag den 20. Mai vom Präfidenten
empfangen. Mittwoch den 25. Mai kam dann Mackau wieder, ohne vorher
eine Audienz begehrt zu haben, und wurde ebenfalls empfangen. Zu keiner
Zeit aber ließ Grévy Mackau rufen.“
28. Juni. General Boulanger wird zum kommandieren-
den General des 13. Armeekorps in Clermont-Ferrand ernannt.
Rochefort schreibt dazu in der „Lanterne“:
„Das Ministerium hat den General deportiert . er wird fortan
ein Gefangener in den Bergen der Auvergne gein Hätte General Poerron
ihn nach Timbuktu verbannen können, so wäre ihm das noch lieber gewesen.
Den Taschenspielern des Elysées mußte es als ein Geniestreich erscheinen,
daß sie den General Boulanger so verschwinden ließen.“
Ende Juni—Anfang Juli. (Fremdentaxe.) Die Kommission
der Kammer zur Beratung über die Einführung einer Fremden-
Aufenthaltssteuer vernimmt die Minister des Aeußern und Innern.
Flourens erklärt sich gegen die Taxe, welche den durch die handas
verträge gewährleisteten Aufenthaltsrechte der Fremden zuwiderlaufe. Der
Minister des Innern erklärt sich bereit, durch Dekret die Feststellung
der Identität der Fremden durchzuführen und diese zu überwachen, doch zur
Auflegung einer Taxe gehöre ein Gesetz. Die Kommission fordert ihn zu
diesen Maßregeln auf, ändert aber den Gesetzesantrag dahin ab, daß Aus-
länder nur die Taxen bezahlen sollen wie vom Militärdienste befreite In-
öänder.
5. bezw. 6. Juli. (Militärreform.) Die Kammer ge-
nehmigt mit 8319 gegen 228 die Einführung der 3jährigen statt der