Krankreich. (Juli 13.—18.) 339
derselben. Floquet übernimmt daher am 13. das Präsidium wieder
mit einer Ansprache, in der eine Stelle lautet:
„Ich habe nie vergessen, was ich der radikalen Partei, aus der ich
hervorgegangen bin, schulde, und wenn Sie meine Dienste nicht mehr wün-
schen, dann nehme ich wieder in den Reihen der radikalen Partei Platz.
Aber die Präsidentschaft wird, so lange ich Ihr Vertranen habe, niemals
die Dienerin der Leidenschaft einer exklusiven Sekte, des unüberlegten Fana-
tismus oder irgend welcher politischen Ambition sein, sondern die nupartelische
Beschützerin der Freiheit aller, die wachsame Hüterin der gesetzlichen Gewalt
im Staate und unserer gemeinsamen nationalen Würde.“ (Allgemeiner Bei-
fall im ganzen Hause.)
13. bzw. 19. Juli. (Heeresverstärkung.) Kammer und
Senat genehmigen den Gesetzentwurf des Kriegeministers Ferron,
betreffend die Errichtung neuer Kavallerie= und die Nenorganisation
der Infanterieregimenter.
14. Inli. (Demonstrationen für Bonlanger.) Bei der
großen Parade auf den Longchamps am Nationalfeste des Bastillen-
sturmes wird von Rochefort, Laifant, Laguerre, als der Präsident
mit allen Ministern sich zur Truppenschau einfindet, eine Demon-
stration versucht.
Der Ruf Rocheforts: Es lebe Boulanger! wird von dem Volke
mit: Nieder mit Rochefort! beantwortet. Auch die von Déroulede und
der Patriotenliga versuchten Demonstrationen begegnen ähnlicher Teilnahm=
losigteit oder direktem Widerspruche. Grévy wird überall mit Hochrufen
auf ihn, die Republik und die Armee empfangen.
Schon am Abend vorher hatten lärmende Kundgebungen statt-
gefunden. Die Erregung in Paris war auf das höchste gespannt,
man erwartete sogar am Nationalfeste einen Anfstand und die Regie-
rung hatte die umfassendsten Maßregeln getroffen, demselben durch
Aufgebot der gesamten Polizei und des Militärs wirksam zu begegnen.
Alle nicht intransigenten Blätter verzeichnen in den folgenden
Tagen mit Genugthuung das vollständige Fiasko der Unruhestifter.
15. Juli. (Boulanger.) Der Deputierte Laur (radikal)
veröffentlicht einen Brief Boulangers,
worin dieser ihm für seine Anhänglichkeit dankt, um so mehr, als
Freundschaften selten würden. Das kümmere ihn aber wenig, er werde seine
Pflicht trotz Haß und Abfall weiter thun. Er stelle ein geachtetes Frank-
reich über Parteiintriguen und die Juteressen einzelner.
Dieser Brief erregt in der Presse und der Kammer allgemeinen Un-
willen. Es ist von bevorstehender Bestrafung des Generals die Rede; dieser
erklärt das Schreiben für privat und Laur nicht für ermächtigt, es zu ver-
öffentlichen.
18. bzw. 20. Juli. (Probemobilmachung.) Kammer und
Senat genehmigen den Gesetzentwurf (vgl. Mai 10.).
Im Bericht der Budgetkommission des Senats war das Gesetz in
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