Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

Krankreich. (August Anfang —2.) 341 
dem 94 Generale den General Boulanger im Januar ds. Js. zu 
gunsten der Monarchisten bewegen wollten. Boulanger habe aber 
geantwortet, wenn er einen Staatsstreich machen würde, so würde 
es nur zu gunsten der Republik sein. Die Enthüllungen führen zu 
heftiger Zeitungspolemik, Cassagnac nennt Laur einen Lügner, lehnt 
aber eine Herausforderung ab. Laur giebt später eine Darstellung, 
welche die Angelegenheit als eine ziemlich harmlose erscheinen läßt. 
Er neunt unter den Agitatoren für den Staatsstreich nur den Bona- 
partisten Delafosse, welcher dieser Angabe ein entschiedenes Dementi 
widerfahren läßt. 
Anfang August. Beim Tode Katkows spricht fast die ge- 
samte Presse mit großen Lobeserhebungen von dem Toten. Eine 
große Anzahl von Vereinen und Journalen, sowie die Studenten 
von Paris senden Beileidstelegramme an die Hinterbliebenen. Nur 
die sozialistische Presse spricht sich mißbilligend über diese Kund- 
gebungen aus. 
Der „Cri du Peuple“ bezeichnet die Haltung der Pariser Presse 
als eine Schande, beschimpft den Zaren und sagt, es sei skandalös, daß 
Republikaner das Andenken eines der ärgsten Feinde der Gerechtigkeit und 
Freiheit feiern. Im selben Blatte protestieren polnische Sozialisten 
gegen Katkows Verherrlichung: „Mit Entsetzen haben wir von der Ehren- 
ezeigung für Katkow gehört und protestieren im Namen der internationalen 
Solidarität der Sozialisten dagegen."“ 
Dérouleode und Goupil als Deputierte der Patriotenliga, 
Floquet, Laur und eine Anzahl Vertreter der Presse reisen zur 
Beerdigung nach Moskau. 
Déroulède legt am 9. August am Grabe einen dreifarbigen Immor- 
tellenkranz nieder mit der Inschrit. „An Katkow, den großen Patrioten!“ 
Die Bänder tragen die Aufschrift: „Es lebe Frankreich, es lebe Rußland!“ 
Er hält dabei eine euthufiastische Lobrede auf Katkow. 
2. August. (Aegypten.) Die „Times“ veröffentlicht ein 
ihr von ihrem Pariser Berichterstatter zugegangenes Rundschreiben 
Flourens' an die Vertreter Frankreichs im Auslande über die 
Stellung der Regierung zu den englisch-türkischen Verhandlungen. 
Dasselbe erklärt die in der Presse des In= und Auslandes verbreitete 
Auffassung derselben für irrig. Frankreich habe, um eine Einigung, die es 
in dieser Frage wünschte, besser zustande kommen zu lassen, sich der mög- 
lichsten Zurückhaltung befleißigt und jede Einmischung in die langwierigen 
Verhandlungen zwischen England und der Türkei vermieden. Das Versprechen 
der Verhandelnden, Frankreich jederzeit über den Stand der Besprechungen 
auf dem Laufenden zu erhalten, sei jedoch nur anfangs streng innegehalten 
worden, sodaß die Regierung plötzlich einem Projekte gegenüberstand, das 
ihr ebensowohl den Interessen der Türkei als denen Frankreichs und Euro- 
pas zuwiderlaufend erschienen sei. Dies sei nur von der Pforte mitgeteilt 
worden. Man habe nicht warten können, bis die amtliche Notifikation er-
	        
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