Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

344 Krankreich. (Oktober 1. 6.) 
würde. Die Streichungen im Kriegsbudget betrügen 55, im Marinebudget 
14½ Millionen. 
1. Oktober. (Kundgebung für Rußland.) Bei einem 
Besuche, welchen der Bürgermeister von St. Petersburg, Schatschew, 
im Pariser Gemeinderate macht, begrüßt ihn der Vizepräsident mit 
folgender Rede: 1 
Paris könne die wiederholten Sympathie-Bezeigungen Rußlands für 
Frankreich nicht vergessen. Diese Sympathien seien in Petersburg, dem 
Paris des Nordens, entstanden, wo die Ideen der Völkerverbrüderung so 
lebhaft seien. Der Vize-Präsident bittet den Bürgermeister, der Bevölkerung 
von Petersburg und der russischen Nation den Ausdruck der brüderlichen 
Gefühle von Paris, welche auch die von ganz Frankreich seien, zu überbringen. 
Schatschew dankt und sagt, die Sympathie sei eine gegenseitige; 
er werde seinen Kollegen den Ausdruck der Gefühle von Paris überbringen. 
2. Oktober. Handelsminister Dautresme behandelt in einer 
Rede zu Elbeuf die Stellung des Kabinets zur Rechten. Er sagt 
im wesentlichen: 
Was hat denn das Ministerium gethan? Wessen klagt man uns an? 
Man sagt, wir seien ehrgeizig, aber hat denn einer von uns seine Haltung 
geändert, seit wir an der Gewalt sind Man sagt, wir seien Orleanisten. 
Hat einer von uns an den Herzog von Aumale geschrieben (Anspielung auf 
Boulanger)? Wir sollen den Klerikalismus begünstigen. Worauf stützt man 
denn dicse Anklage? Man wirft uns auch vor, keine Regierung des Kampfes 
zu sein. Wohlan! ich wiederhole mit Rouvier und Freycinet: Wir wollen 
Frankreich nicht marschieren lassen, wir wollen es überzeugen. Was sehen 
wir auf der Rechten: Männer, die ihre Geburt, ihre Beziehungen verhin- 
dern, aus den Reihen herauszutreten. Ihnen bewilligen wir nichts, aber 
wir begegnen ihnen mit der Kollegen schuldigen Höfticheit. Niemals werden 
wir ihnen einen Grundsatz, einen Beamten zum Opfer bringen. Aber neben 
ihnen befinden sich die durch ein Mißverständnis von uns getrennten Wähler; 
und wenn es eine Politik gibt, die sie zu uns zurückführen kann, so ist das 
unsere Politik. Die Rechte stürzte alle Kabinette in der Hoffnung, daß das 
müde gewordene Land sich in die Arme eines Retters werfen würde. Da 
das nicht eintraf, so änderte sie ihre Taktik. Es kamen die Ihnen bekannten 
Manifeste; aber Trompetenstöße werden die Flüchtigen nicht zurückhalten. 
Das Kaiserreich und die Monarchie sind in demselben Grabe versiegelt. Was 
ist bei dieser Lage Pflicht der Republikaner: Das Land zu beruhigen, welches 
nach innen Sicherheit, nach außen Achtung vor der Fahne Frankreichs ver- 
langt. Die Zwischenfälle der letzten Tage haben gezeigt, daß wir auf der 
Höhe unserer patriotischen Pflichten stehen. 
6. Oktober—Anf. Novpbr. (Affaire Caffarel--d'Andlau.) 
General Caffarel, welcher durch Boulanger ins Kriegsministerium 
berufen worden und dort eine Direktorstelle bekleidet, wird durch 
Dekret des Kriegsministers plötzlich in Nichtaktivität versetzt, einige 
Tage darauf in Untersuchungshaft genommen und später aus dem 
Heere entfernt und des Ordens der Ehrenlegion für verlustig erklärt. 
Ihm wird Schuld gegeben, daß er und ein anderer General, der 
Senator Graf d'Andlau, Gchüfte mit dem Orden der Ehrenlegion betrieben.
	        
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