Kr#streich. (Dezember 10.—13.) 355
infolge eines Tadels, den ihm der Vorsitzende des Komitees der
Patriotenliga wegen seines Verhaltens in der Präfidentschaftskrifis
erteilt, vom Ehrenpräsidium und aus dem leitenden Ausschusse der
Liga zurück. Die Hauptversammlung am 15. genehmigt diese Mit-
teilung und nimmt eine Tagesordnung an, welche lautet:
„Die Patriotenliga setzt ihr Werk fort und enthält sich jeder Teil-
nahme an der Politik.“"
In der Folge treten viele Mitglieder aus der Liga aus, die-
selbe wählt am 23. den Rat am Rechnungshofe, Féry d'Escland,
zu ihrem Vorsitzenden und der leitende Ausschuß erläßt am 28. fol-
genden Aufruf:
„Der leitende Ausschuß der Patriotenliga, dessen neue Zusammen-
setzung eine lebendige Kundgebung der Vereinigung der verschiedenen Ele-
mente ist, die in letzter Zeit getrennt waren, wendet sich an den aufgeklärten
Patriotismus aller aus der Liga ausgetretenen Mitglieder und fordert sie
auf, sich um ihn zu scharen und nachdrücklich an dem gemeinsamen Werke
fortzuarbeiten; er erinnert sie daran, daß sogleich nach den Ereignissen, die
ihren Entschluß begründen konnten, die deutsche Presse im Siegestone die
bevorstehende Auflösung der Liga verkündigte; er erteilt ihnen die Versiche-
rung, daß gegenüber den jetzigen auswärtigen Schwierigkeiten eine gleichviel
aus welchem Grunde genommene Entlassung einem Verrate gleichkommen
werde; er wiederholt ihnen den Beschluß, da die Liga sich fortan von aller
Politik fern halten wird.“
10. Dezember. Attentat auf Ferry.
In einem Nebensaale des Palais Bourbon giebt der Glaser Aubertin
3 Revolverschüsse auf Ferry ab, von denen diesen 2 treffen, jedoch nicht ge-
fährlich verwunden. Die Motive zur That bleiben unklar, da Aubertin
keiner politischen Gesellschaft angehört. Er scheint geisteskrank oder doch seit
längerer Zeit krankhaft überreizt zu sein.
Die Ferry wohlgesinnte Presse macht allgemein die Radikalen und
Intranfigenten für das Attentat mitverantwortlich, da sie durch ihre maß-
losen Hetzereien und böswilligen Verleumdungen gegen Ferry dem überspannten
Menschen die Richtung gewiesen.
13. Dezember. Die in den Kammern verlesene Botschaft
des Präsidenten betont die Einigkeit im Innern und den Frieden
nach außen. Die Sätze konkreten Inhalts lauten:
Die Regierung wird sich bemühen, die notwendige Uebereinstimmung
Ihrer Willensmeinungen zu erleichtern, indem dieselbe Sie auf das gemein-
same Gebiet der moralischen und materiellen Interessen beruft; durch Be-
ruhigung, Sicherung und Vertrauen will sie dem Lande den besonnenen
Fursr, und die praktischen Reformen zuteil werden lassen, welche dazu
estimmt find, die nationale Arbeit zu ermutigen, den Kredit zu festigen,
die Wiederaufnahme der Geschäfte herbeizuführen und den großen industriellen
Gerichtstag von 1889 vorzubereiten; sie wird sich vornehmlich mit Maßregeln
beschäftigen, welche die Arbeitszustände und die Gesundheitspflege, die gegen-
seitige Unterstützung und das Sparwesen berühren; sie wird sich die Auf-
besserung der Finanzen, eine ernstliche Ausgleichung der Budgets, die Ver-
einfachung der Verwaltung und der Rechtspflege und eine tadellose Leitung
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