Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

28 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 11. -14.) 
die Herren uns anbieten. Den Unterschied zwischen dem Angebot und der 
Forderung nachzuweisen, das überlasse ich den militärischen Autoritäten, da- 
rüber bin ich nicht so kompetent. Im übrigen gibt mir der Abgeordnete 
Windthorst doch Veranlassung zu manchen Kritiken und Verwahrungen gegen 
das, was er gesagt hat. Er hat gesagt, wenn gewisse Verhältnisse eintreten, 
das heißt, wenn Hannibal ante portas sich befände, dann würde er, ich 
weiß nicht was thun; ja — dann würde man den Beweis liefern, daß es 
in Deutschland keine Parteien gebe. — Es wäre mir viel lieber, wenn Sie 
heute schon den Beweis liefern wollten, daß es in Deutschland keine Partei 
gibt, sondern daß, wenn es sich um die Verteidigung des Landes, seine Un- 
abhängigkeit gegen das Ausland, seine Sicherheit handelt, hier alles so einig 
ist wie in Frankreich und Italien, daß dann gar nicht viel gemäkelt und 
genörgelt, sondern einfach das, was die militärischen Autoritäten des Landes 
für unentbehrlich halten, bewilligt wird. Wenn dieses Maß von Patriotis- 
mus bei uns vorhanden wäre, dann würde ich gar nicht weiter das Wort 
ergriffen haben. Dann hat der Herr Abgeordnete gesagt wir lösten auf 
wegen der Frage, ob das Ganze, was er zu bewilligen behauptete, auf ein 
Jahr oder auf drei Jahre bewilligt werde — überhaupt wegen der Zeitfrage. 
Das ist doch nicht ganz richtig. Wenn wir aussen das heißt, wenn Sie 
die Vorlage ablehnen —, daß wir dann auflösen, darüber, habe ich doch 
gehofft, jedes Mißverständnis zu beseitigen durch meine erste Äußerung — 
also wenn wir auflösen, so ist es nicht wegen der Zeitfrage, sondern wegen 
der Prinzipienfrage, ob das deutsche Reich durch ein kaiserliches Heer oder 
durch ein Parlamentsheer geschützt werden soll! (Lebhaftes Bravo rechts. 
Oh! oh! links.) Das schreiben wir auf unsere Fahne bei der Auflösung; 
ob die wechselnde Majorität, die ich nur als die Majorität Windthorst-Richter 
(Rufe: Grillenberger!) bezeichnen kann — ich möchte das übrige, was zur 
Verfügung, zur vasallitischen Verfügung des Herrn Windthorst steht, gar 
nicht weiter aufzählen, — ob die alle Jahre oder alle zwei oder drei Jahe 
darüber bestimmen soll, ob Deutschland seine Armee, wie sie in der Ver- 
fassung grundrechtlich niedergelegt worden ist, behalten soll oder ob sie reduziert 
werden kann, darüber werden wir abstimmen, darüber werden wir wählen. 
(Zuruf: Marine!) — Nun, meine Herren, die Marine ist nie angefochten 
worden, sie hat immer ein liberales Wohlwollen für sich gehabt. Sie hat 
von Anfang an z. B. den Herrn Abgeordneten Rickert für sich gehabt; das 
ist doch schon etwas wert. Der Abgeordnete Rickert hat früher den General 
von Stosch als Chef der Marine in einer Weise unterstützt — ja, wenn er 
den Kriegsminister so unterstützte, so würden wir auch in Bezug auf die 
Landarmee ein anderes Vertrauen zum Reichstag haben können. Unser Ver- 
trauen ist überhaupt zum Reichstag vor Jahren größer gewesen, es hat all- 
mählich abgenommen. Es hat den schwersten Stoß bekommen, als wir in 
diesem Reichstag eine polnische Majorität gegen deutsche Interessen erlebten. 
(Oh! oh! links.) Es hat den schwersten Stoß bekommen durch einen Ein- 
riff zu Gunsten der polnischen Nationalität in die Unabhängigkeit der preu- 
ßischen Verwaltung. Da, meine Herren, habe ich die Hoffnung auf Sie 
aufgegeben; wir hätten damals auflösen sollen wegen Ihres Polonismus, 
dann wäre der ganze Bulgarismus nachher nicht gekommen. Ich bin der 
Sache nur deshalb nicht näher getreten; weil wir den Polonismus noch eine 
Zeit lang aushalten können; aber Wehrlosigkeit können wir nicht 10 Mi- 
nuten aushalten. Werden wir da an die Wand gedrückt, so werden wir 
uns wehren mit der ganzen Entschlossenheit, die uns das Gefühl einer ge- 
rechten Sache gibt.  
Der Herr Abgeordnete hat gemeint, wir verlangten durch die Auf- 
lösung, daß Männer gewählt werden sollten, die alles unterschrieben, die 
 
	        
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