Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

394 VSie Römische Kurie. (Juli Anfang—25.) 
parkmörder bei der Zelebrierung der Messe beteten, was im Vatikan großen 
Unwillen erregt habe. 
Anfang Juli. (Amerika: Bann.) Der Erzbischof von New- 
Vork, Dr. Corrigar, veröffentlicht die vom Papste erlassene Bulle 
des großen Bannes gegen den irischen Priester Mac Glynn, welcher 
die sozialistischen Prinzipien Henry Georges gepredigt und hierauf 
nach Rom zur Verantwortung gerufen diese Zitation unbeachtet 
gelassen hatte. 
Mac Elynn veranstaltet darauf in New-York Versammlungen großer 
Volksmassen, in denen er mit Heftigkeit den Papst angreift, der sic mit 
England auf Kosten der Irländer verständigen wolle, und beginnt eine eifrige 
Agitation gegen den Papst, welche unter den amerikanischen Iren vielen Bei- 
fall findet. 
20.—25. Juli. (Römische Frage.) Kardinalstaatssekretär 
Rampolla richtet ein Rundschreiben an die Nuntiaturen über die in 
letzter Zeit von der Presse und in der Oeffentlichkeit vielfach be- 
sprochene römische Frage. (St. Arch. B. 48.) 
Er nimmt darin ausdrücklich die Rechte des Heiligen Stuhles auf 
Rom in Anspruch als unumgängliche Bedingung der Aussöhnung mit Ita- 
lien. Nachdem das Rundschreiben die Rechtstitel des päpstlichen Stuhles 
als weltlichen Souveräns aufgezählt hat, sagt es weiters: „Diese Titel 
könnten durch das gewöhnlich geltend gemachte Argument vom angeblichen 
nationalen Rechte nicht verletzt und noch weniger vernichtet werden. Ohne 
die einzig wirksame Bürgschaft der territorialen Souveränetät ist die Siche- 
rung der Unabhängigkeit und Würde des Heiligen Stuhles nicht möglich. 
Der Souveränetät beraubt, würde der Papst nur eine relative Unabhängig- 
keit genießen, die stets verletzlich und illusorisch wäre. Endlich wäre der 
Papst außer stande, seine geistliche Gewalt derart auszuüben, daß sie gegen 
jede Einmengung, jeden materiellen und moralischen Druck geschützt erschiene.“ 
Das Rundschreiben schließt: „Wenn die italienischen Minister vor dem 
Parlamente erklären, daß Italien keineswegs ein Bedürfnis fühle, sich mit 
dem Papste zu versöhnen, stehen sie im Widerspruche mit der allgemeinen 
Stimmung der Italiener. Wenn ungeachtet all dieser Gründe die italienische 
Regierung die väterliche Anregung des Heiligen Vaters nicht annimmt, so 
wird die Verantwortung für diese Ablehnung vollständig auf diese Regierung 
zurückfallen." 
Am 25. veröffentlicht darauf der „Moniteur de Rome“ ein 
Schreiben des Papstes an Rampolla vom 15. Juni, in welchem 
jener dem Kardinal Instruktion über die Regierungsgrundsätze des 
Papstes gibt. (St. Arch. Bd. 48.) Mit aller Bestimmtheit wird 
hier wieder die Forderung der weltlichen Souveränetät ausgesprochen 
und fast mit denselben Worten, wie in dem Schreiben Rampollas. 
Die ministerielle „Opinione“ schreibt dazu: 
Das Mißverständnis, welches die Allokution vom 23. Mai hervor- 
gerufen, sei damit beseitigt. Das einige Italien mit dem Hause Savoyen 
und Rom als Hauptstadt diskutiere sich nicht. Man nehme deshalb alle 
solche Aeußerungen mit der äußersten Gleichgültigkeit auf.
	        
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