108 Helsien. (März 22.—Mai 10.)
Er habe die Gewißheit, daß die Garantiemächte den Plan der Regierung
billigten und ebenso die Art, wie Belgien stets seinen Pflichten als neutrale
Macht nachgekommen sei. Bei der Loyalität der Mächte sei eine Invasion
direkt nicht zu fürchten.
22. März bzw. 29. April u. 7. Juli. Papst und Heeres-
frage.
Der „Courrier de Bruxelles“ dementiert, daß König Leopold Schritte
bei dem Papst gethan hätte, um die Bischöfe zu bewegen, ihre Oppofition
gegen die allgemeine Dienstpflicht aufzugeben. Ebenso bestreitet am 29. April
das „Journal de Bruxelles“ die wiederholt aufgetretene Behauptung.
Dagegen verlautet am 7. Juli aus Rom, daß thatsächlich A#rhard=
lungen darüber zwischen der Regierung und dem Vatikan gepflogen wurden,
dieselben seien aber im Mai abgebrochen worden.
23. März. Das Kriegsdepartement beschließt, für die Neu-
bewaffnung der Infanterie das Mannlicher-Repetiergewehr mit dem
8 Millimeterkaliber einzuführen.
30. März. (Ungesetzlichkeiten.) Kammer: die Regierung
wird wegen der Auslieferung der Anarchisten Groß und Neve an
Deutschland interpelliert.
Es sei falsch, daß dieselben Vagabunden gewesen seien; sie waren
wohl Sozialisten, hatten aber ein Tagesverdienst von 3—5 Franken. Der
Justi zminister gesteht die Ungerechtfertigtheit des Verfahrens zu und ver-
spricht, Schritte wegen der Enthaftung des Groß zu thun.
4. April. Die Kammer genehmigt die Regierungsvorlage be-
treffs Emission einer Anleihe für den Kongostaat mit 86 gegen
9 Stimmen. Der größte Teil derselben soll zum Eisenbahnbau am
Kongo verwandt werden.
10.—11. April. Kongreß der belgischen Arbeiter in
Charleroi während der Ostertage.
Es nehmen etwa 800 Delegierte teil. Nach langen stürmischen De-
batten endet der Kongreß mit einer Spaltung der sozialistischen Partei, da
alle südbelgischen Arbeiter sich von der Arbeiterpartei lossagen, die keine
unmittelbar revolutionäre Bewegungen hervorrufen will. Sie schließen sich
Défuisseaux an, welcher allgemeine Arbeitseinstellung als Zwangsmittel
und gewaltsamen Umsturz predigt.
20. April. Der aus Elsaß-Lothringen ausgewiesene deutsche
Reichstagsabgeordnete Antoine erhält vom Minister des Innern
die Erlaubnis zum Aufenthalte in Brüssel unter der Bedingung, zu
keinerlei Manifestationen Gelegenheit zu geben.
10. Mai. (Zölle.) Kammer: nimmt den Antrag Dumonts
auf Erhöhung der Eingangszölle auf Vieh und Getreide mit 69
gegen 54 Stimmen an, 5 Abgeordnete enthalten sich der Stimme.
Ministerpräsident Beernaert spricht entschieden gegen die Zoll-
erhöhungen.