Die Tũrkei. (2. Hfte. Juli — Aug. 15. bzw. 27.) 457
zuteil gewordenen Antworten der Hohen Pforte bekannt zu geben. Jeder
eigenen Meinungsäußerung hat sich die Pforte enthalten.
Der Beantwortung des Rundschreibens erklärt Rußland,
daß es keine von der gegenwärtigen Sobranje ausgehende Wahl als giltig
anerkenne. England ist bereit, jede Wahl zu acceptieren, welche die Be-
dingungen des Berliner Vertrages erfüllt. Frankreich antwortet, es werde
der Wahl zustimmen, wenn dies sämtliche Mächte thun. Deutschland
und Italien verhalten sich wie Frankreich. Oesterreich-Ungarn betont
die Notwendigkeit, der Situation durch die Besetzung des bulgarischen Fürsten-
thrones ein Ende zu machen, und erklärt, es werde jeder Wahl, die den
Bestimmungen des Berliner Vertrages entspricht, seine Billigung geben.
2. Hälfte Juli. Der armenische katholische Patriarch
Azarian verliest in einer Kirchenversammlung die von seiner Rom-
reise mitgebrachten Vorschläge des Vatikans, um den Streit der
Hassunisten und Antihassunisten beizulegen.
Die päpstlichen Zugeständnisse werden von der antihassunistischen
Richtung als ungenügend verworfen. Dieselbe fordert Anerkennung aller
dem armenischen Patckarchen von Alters zustehenden Rechte, besonders hin-
sichtlich der Wahl, bezüglich deren sie dem Papste nur eine Bestätigung for-
meller Art zugestehen wollen, indem der Patriarch durch die Wahl schon
alle Rechte seiner Stellung erlange.
Ende Juli. (Beziehungen zu Griechenland.) Infolge
der wirksamen Unterstützung der griechischen Regierung zur Beilegung
der Schwierigkeiten auf Kreta läßt der Sultan dem griechischen Ge-
sandten in Konstantinopel durch seinen Privatsekretär seinen wärm-
sten Dank aussprechen, ebenso in Athen durch den türkischen Ge-
sandten dem Ministerpräsidenten. Der griechische Konsul in Kanea
erhält den Medschidje-Orden.
2. August. (Bulgarische Wahl.) Die Pforte übermittelt
dem Prinzen Ferdinand eine Depesche,
welche den Prinzen an seine bisherigen korrekten Erklärungen erinnert,
die Abreise nach Bulgarien ohne vorherige Zustimmung aller Mächte als
eine Ueberstürzung bezeichnet und beifügt, die Pforte würde einen solchen
Schritt des Prinzen mit Bedauern sehen.
4. August. (Montenegro.) Durch kaiserliches Irade wird
das zwischen den türkischen und montenegrinischen Grenzkommissaren
getroffene übereinkommen über die Grenzabsteckung sanktioniert.
11. August. (Bulgarien.) Abberufung Riza Beys aus
Sofia infolge der Fürstenwahl.
13. August. (Bulgarien.) Der russische Geschäftsträger
zeigt der Pforte den Protest Rußlands gegen die Wahl und Ankunft
des Prinzen Ferdinand in Bulgarien an.
15. bzw. 27. August. (Bulgarien.) Rundschreiben der Pforte
an die Signatarmächte. In demselben wird gesagt,