Hulserien. (Januar—Februar.) 459
2) Rußland verlangt, daß der rusfische Statthalter eine gewisse Frei-
heit bei der Bildung des neuen bulgarischen Kabinetts habe und daß er
nicht, wie es die Pforte wünscht, gebunden sei, das gegenwärtige Kabinett
beizubehalten oder ein gemischtes Kabinett zu bilden.
3) Rußland besteht darauf, daß die Wahlen zur Sobranje sofort
stattfinden sollen, nachdem General Ernroth sich von der Situation die er-
forderliche Kenntnis verschafft haben wird, nicht aber, wie es die Meinung
er Pforte ist, unmittelbar nach der Bildung des Kabinetts. Herr v. Giers
teilt die Ansicht der Pforte hinsichtlich der Teilnahme Ost-Rumeliens an
den Wahlen, aber er fügt hinzu, daß die Ausschließung durch ein inter-
nationales Einvernehmen bestimmt werden müsse.
4) Rußland hält es für überflüssig, sofort eine Liste der Kandidaten
für den Fürstenthron aufzustellen. ·
5) Rußland verlangt als Minimum für die Dauer der Gewalten
des Statthalters eine Frist von vier Monaten. Als Zwangsmittel, glaubt
Herr v. Giers, würde es für den Augenblick genügen, daß der Sultan die
Absetzung des Fürsten Ferdinand proklamiere, weil dessen Wahl mit dem
Berliner Vertrage im Widerspruche war.
Bei einem Besuche, welchen 2 Tage später der rusfische Ge-
schäftsträger in Konstantinopel dem türkischen Minister des Aus-
wärtigen macht, schlägt er vor, die Pforte möge darauf hinarbeiten,
eine europäische Konferenz zur Regelung der bulgarischen Frage zu
stande zu bringen.
Mitte Oktober. (Albanien.) In einem großen Teile Ober-
albaniens herrscht Anarchie, da die Albanesen sich offen gegen die
Behörden auflehnen und die Zahlung der neuen Grundsteuer ver-
weigern. Sie richten eine Bittschrift an den Sultan, in der sie
um Gerechtigkeit gegen die Willkür der Beamten bitten, sonst müß-
ten sie sich selbst Recht verschaffen. Die Pforte entsendet eiligst er-
hebliche Streitkräfte dorthin.
Erste Hälfte Dezember. Nach einer Meldung der „Politischen
Korrespondenz“ verlangt der rusfische Botschafter neuerdings wenig-
stens eine teilweise Tilgung der fälligen Kriegsentschädigungs-
raten und zwar vom Rückstande 400,000 Pfd. und die Jahresrate
von 350,000 Pfund.
26. Dezember. Mahmud Djellal-eddin Pascha wird an
Stelle Zuhdi Paschas zum Finanzminister ernannt.
27. Dezember. Eine russische Note verlangt dringend Maß-
nahmen zur Verhinderung der kurdischen Einfälle in Russih-
Armenien.
2. Bulgarien.
Januar—ZFebruar. In Rumänien, Bessarabien und Kon-
stantinopel macht sich eine verstärkte Tätigkeit der Flücht-