Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

460 Onlzarien. (Januar Anf. —5.) 
lingsvereine bemerklich. In Bukarest treffen die Revolutionäre 
Gutschow und Benderew aus Moskau, mit andern ehemals bulga- 
rischen Offizierep ein. Zahlreiche Proklamationen, welche das Volk 
zum Aufstande aufreizen, werden nach Bulgarien eingeführt und 
dort verbreitet. 
In Odessa findet Ende Januar unter dem Vorsitze des Kapitäns 
Nabokow eine Versammlung statt, welcher auch der Stadtgouverneur bei- 
wohnt und in der beschlossen wird, Benderew und Gruew sollen einen offenen 
Brief an Stambulow richten, in dem dieser zum Rücktritte aufgefordert 
werden soll. 
In Sofia wird eine Frau Papasoglou verhaftet, welche in dem Ver- 
höre gesteht, vom russischen Botschafter in Konstantinopel Geld zur Bestechung 
des gerkicgminissern mehrer höherer Offiziere und andrer Personen erhalten 
zu haben. 
Die Nesawissima Bolgaria berichtet Ende Februar von Versamm- 
lungen der mit falschen russischen Pässen versehenen Emigranten in Bukarest 
unter Teilnahme des russischen Gesandten Hitrowo. 
Mitte Februar veröffentlicht die offiziöse „Swoboda“ ein vielen bul- 
garischen Offizieren zugegangenes Schriftstück, welches besagt, Rußland wünsche 
den Sturz der Regenten und Minister, die Wahl eines russischen Kandidaten 
und die Rückkehr aller flüchtigen Offiziere und Beamten; ferner: die Emi- 
granten hätten eine Anleihe namens Bulgariens ausgenommen, die sie decken 
würden, wenn sie zur Regierung kämen und die zu ihrem Unterhalt diene. 
Anf. Januar. Die Pforte beruft Dragan Zankow, den 
Führer der russischen Partei, nach Konstantin opel. 
Der Schritt geschieht auf Veranlassung des russischen Botschafters 
Nelidow und bezweckt, die Bildung eines Ministeriums Zankow oder doch 
den Eintritt desselben in das Kabinett herbeizuführen. — Zankow regt durch 
diese Verhandlungen die Erbitterung. der Massen in höchstem Maße gegen 
sich auf, er muß bei seiner Abreise durch einen ihm zur Begleitung bis an 
die türkische Grenze beigegebenen Offizier geschützt werden. In Philippopel 
nehmen die gegen ihn gerichteten Demonstrationen einen so ernsthaften Cha- 
rakter an, daß Militär einschreiten muß, um ihn vor Gewalt zu schützen; 
das Volk bewirft ihn dennoch mit Koth und Steinen unter dem Rufe: Nieder 
mit dem russischen Spion und Vaterlandsverräter. 
5. Januar. Zur Widerlegung der in einem russischen 
Rundschreiben vom 23. Novbr. 1886 enthaltenen Darstellung des 
Verhaltens der bulgarischen Regierung (vergl. St. Arch. Bd. 48 
Nr. 9473 u. Gesch. Kal. 1886, Rußld. XII, 2.) sendet der Minister 
des Auswärt., Natschewitsch, ein eingehendes Rundschreiben an 
die Vertreter Bulgariens im Auslande. Dasselbe hat im 
wesentlichen folgenden Inhalt: 
„Die Mitglieder der Regentschaft und das gegenwärtige Kabinett 
hätten sich um die übernommenen Stellen durchaus nicht beworben, waren 
vielmehr angesichts der Gefahr, worin Bulgarien sich befand, gezwungen, 
der Berufung Folge zu leisten. Sie waren hiebei von der Hoffnung geleitet, 
die Regierungslast in einigen Wochen in die Hände eines neuen Fürsten 
niederzulegen. Bulgarien habe alle russischen Forderungen erfüllt, soweit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.