494 Lerbien. (Dezember Mitte—22.)
Mitte Dezember. Unterzeichnung der Eisen bahnüberein-
kunft mit der Türkei.
18. Dezember. (Aeußere Politik des Königs.) Der König
hält am Tage seines Familienpatrons des hl. Nikolas bei Gelegen-
heit des Festmahls im Konak, zu dem alle frühern Ministerpräfi-
denten, die Generalität, die hohe Geistlichkeit u. s. w. geladen find
— Ministerpräsident Ristitsch fehlt — eine Ansprache.
Er gibt einen geschichtlichen Rückblick auf die Leistungen seiner Vor-
fahren, hebt die Verdienste des Milosch Obrenowitsch I., des Michael Obre-
nowitsch III. um den serbischen nationalen Gedanken hervor. Auf ihn, den
König, sei dieser serbische Gedanke übergegangen, er widme sich demselben
mit Leib und Seele und müsse deswegen oft schwere Kämpfe bestehen, bittere
Stunden durchleben. „Das patriotische Werk wird oft verkannt.“ In solchen
schwierigen Augenblicken stärke ihn das Bewußtsein, Serbien zu dienen und
die ganze Nation hinter sich zu haben. Er fände stets treue Genossen der
Arbeit, die besten Serben stehen ihm in der Verteidigung der serbischen Inter-
essen zur Seite. So wie er brächten auch die Volksfreunde und Anhänger
der Dynastie die größten Opfer der heiligen Sache des Serbentums. Er sei
von Dankbarkeit durchdrungen für alle seine gewesenen und gegenwärtigen
Mitarbeiter. Er sei überzeugt, daß Tausende von Herzen in Serbien für
den König und die nationale Idee, deren Träger er ist, warm schlagen, und
r rechne auf alle guten Serben, die er in der Stunde der Gefahr zur Ver-
teidigung des Vaterlandes rufen werde.
Die Ansprache ruft begeisterte Zustimmung hervor. Im Namen der
Gäste und des ganzen serbischen Volkes antwortet der Metropolit mit Ver-
sicherungen der Treue. Am Nachmittage empfängt der König die Skupschtina.
Er antwortet auf ihre Glückwünsche: Die serbische Idee habe im Panslawismus
ihren Feind, denn das unersättliche Russentum wolle das Serbentum nur
verschlingen, während wenig Gefahr vorhanden sei, daß die Serben jemals
germanisiert würden. So erkläre sich seine äußere Politik und es sei seine
Ueberzeugung und sein Wille, daß das Serbentum in dem großen bevor-
stehenden Kampfe zwischen Germanentum und Slawentum neutral bleibe.
21. Dezember. Bei Beratung der Eisenbahnübereinkunft
mit Bulgarien in der Skuptschina erklärt Ristitsch:
Serbien habe mit der Regierung Bulgariens verhandelt; die Lösung
der Fragen bezüglich Bulgariens sei Aufgabe der Berliner Vertragsmächte,
das Kabinett halte seit seinem Regierungsantritte an dem Programm fest,
mit allen Staaten freundschaftliche Beziehungen im Sinne gegenseitiger
Achtung zu pflegen.
Die Skuptschina genehmigt die Uebereinkunft.
22. Dezbr. (Gesandtschaftsaufhebung.) Die Skuptschina
nimmt den von mehreren Abgeordneten eingebrachten und vom Finanz-
ausschusse befürworteten Antrag, aus Sparsamkeitsrücksichten die Ge-
sandtschaften in Rom, London, Paris, Berlin und Athen aufzu-
heben, an.
Ristitsch erklärt den Beschluß bei der Budgetvorlegung in
Rücksicht ziehen zu wollen.