Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 6.) 79
in die Öffentlichkeit. Die „Köln. Ztg.“ werde wohl auch nicht die Depeschen
des Fürsten Bismarck an sie herausgeben. Beschweren über Verheimlichung
könne sich doch nur der hl. Vater, sowie Jacobini und die Zentrumsfrak-
tion, das wolle man aber ruhig abwarten. Daß der Erlaß mit Rücksicht
auf den hl. Vater sorgfältig in Erwägung genommen sei, sei selbstverständ-
lich, und man werde überlegen, ob man in der Folge den bezüglichen Wün-
schen werde entgegenkommen können, immer aber müsse man unterscheiden,
ob es sich um politische oder religiöse Fragen handle. Der hl. Vater er-
kenne die Tugenden des deutschen Volkes an. Es sei eine Verleumdung zu
sagen, daß er es übel nähme, wenn deutsche Männer mit ihm ein deutsches
Wort sprächen. Ehemals, fährt Windthorst fort, hat man Gesetze gemacht,
um dem Papst seine Kompetenzen in Deutschland zu entziehen; heute ist
seine Autorität bei Groß und Klein mehr anerkannt, als je in diesem Jahr-
hundert. In äußeren wie in inneren Angelegenheiten ruft man ihn zu Hilfe.
Wir sind stolz auf diesen Sieg des Papstes, und würden gern den Antrag
unterstützen, die Militärvorlage dem Schiedsgericht des hl. Vaters zu unter-
breiten. Dann hört er aber nicht nur Hrn. v. Schlözer, sondern auch uns.
Im zweiten Teile seiner Rede behandelt Windthorst die Frage: „bekommen
wir Krieg?“ Diese Frage kann nur Bismarck beantworten. Ohne Bundes-
genossen wird uns Frankreich sicher nicht angreifen, mit Rußland aber stehen
wir nach Bismarcks Erklärung im Einvernehmen, man muß jedoch das Pulver
jederzeit trocken halten, um in der Stunde der Gefahr gerüstet zu sein, da-
mit das Vaterland nicht Schaden leide; ich stehe aber hier am Rhein und
habe die feste Ueberzeugung, daß Sie alle mit mir einverstanden sind: „sie
sollen ihn nicht haben". Wir halten fest an den Errungenschaften des Frank-
furter Friedens. Windthorst bestreitet dann den Zusammenhang der Mili-
tärvorlage mit einem drohenden Kriege und erörtert, warum das Zentrum
an der dreijährigen Bewilligung festhielt; dann spricht er die Erwartung
aus, daß die Männer Rheinlands zum Zentrum stehen werden. Er schließt
mit einem Hoch auf Papst Leo XIII. und Kaiser Wilhelm.
Alsdann begründet er die darauf einstimmig angenommenen
folgenden Resolutionen:
1) In Uebereinstimmung mit der Note des Hrn. Kardinal-Staats-
sekretärs Jacobini vom 21. Januar 1887 erkennt die am 6. Februar 1887
im Gürzenich in Köln tagende Versammlung der rheinischen Zentrumspartei
die Verdienste unverändert an, welche das Zentrum und seine Leiter bei
Verteidigung der Sache der Katholiken sich erworben haben. Sie kann die
Aufgabe der Fraktion keineswegs als abgeschlossen betrachten und ist des-
halb bereit, für den Fortbestand des Zentrums jederzeit einzutreten. 2) Die
Versammlung spricht ihren bisherigen Vertretern im Reichstag die vollste
Zustimmung auch zu der in der letzten Session beobachteten Haltung aus.
Sie fordert alle rheinischen Wähler auf, mit der größten Entschiedenheit für
die Wiederwahl der alten, bezw. Neuwahl gleichgesinnter Abgeordneter für
das Zentrum des Reichstags einzutreten. Die Versammlung spricht die Hoff-
nung aus, daß es unter Führung Seiner Heiligkeit des Papstes gelingen
werde, die glücklich begonnene Wiederherstellung des kirchlichen Friedens in
Deutschland baldigst zu Ende zu führen. 3) Die Versammlung schließt sich
der in der erwähnten Note ausgedrückten Hoffnung an, daß der Einfluß des
mächtigen deutschen Reiches im stande sein werde, die unhaltbare Lage des
erhabenen Oberhauptes der Kirche zu verbessern und spricht die Zuversicht
aus, daß die Mitglieder des Zentrums im deutschen Reichstage keine Ge-
legenheit versäumen werden, um auf eine günstigere Gestaltung dieser Lage
mit aller Energie hinzuwirken.