Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

146 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 5.) 
„daß er den Import von chinesischen Feldarbeitern weder für oppor- 
tun noch zweckmäßig erachte; er behalte sich aber ausdrücklich das Recht vor, 
biese Frage vom rein wirtschaftlichen Standpunkte aus zu erörtern und zu 
klären.“ 
5. Dezember. (Bergarbeiterbewegung.) Nachdem der 
Generalsekretär des bergbaulichen Vereins, Dr. Ratorp, erklärt, die 
Verwaltungen würden wohl nicht geneigt sein, mit Kommissions- 
mitgliedern der Bergleute zu verhandeln, beschließt eine neue zahl- 
reich besuchte Versammlung von Delegierten der Bergarbeiter aus 
dem Bochumer, Gelsenkirchener und Dortmunder Revier nach län- 
gerer Beratung, durch Wiederaufnahme des Streikes die Aufhebung 
der Arbeitersperre zu erzwingen und diesen Beschluß einer am 8. 
stattfindenden Bergarbeiterversammlung als Resolution vorzulegen. 
Am 7. fordert infolgedessen der Vorstand des bergbaulichen 
Vereins laut der „Rhein.-Westf. Ztg.“ die Zechen auf, etwaige 
wegen Nichtannahme von Arbeitern getroffene Maßregeln aufzu- 
heben, indem er Folgendes zu Protokoll beschließt: 
Der Vorstand war sich darüber einig, daß, insoweit mit dem Aus- 
druck „Sperre“ die Entlassung widersetzlicher und aufsässiger Bergleute von 
der Arbeit auf einzelnen Zechen gemeint sei., irgend welcher Grund zu einer 
allgemeinen Beschwerde nicht vorliege. Soweit unter jenem Ausdruck „Sperre“ 
dagegen eine Beschränkung von einer Grube abkehrender Bergleute in der 
freien Wahl, sich Arbeit auf anderen Gruben zu suchen, verstanden werde, 
stellt der Vorstand einstimmig fest, daß solche Maßregel, wo sie bisher be- 
standen haben sollte, nicht mehr geboten sei, und beschloß derselbe, die sämt- 
lichen Zechen des Oberbergamtsbezirks Dortmund zur Aufhebung entgegen- 
stehender Vereinbarungen aufzufordern, damit jede Beschränkung der Zechen- 
verwaltungen bei Annahme von Arbeitern beseitigt werde. 
Die im Essener Revier befindlichen Zechen unterwerfen sich 
alsbald dem Beschluß. Im späteren Verlauf der Sitzung des 
Vereinsvorstandes erschienen die Oberpräsidenten der Rheinprovinz 
und Westfalens, sowie der Berghauptmann des Oberbergamtsbezirks 
und die Präsidenten der Regierungen zu Düsseldorf und Arnsberg. 
Der Oberpräsident Freiherr v. Berlepsch erklärt, nachdem er von 
den Beschlüssen des Vorstandes Kenntnis genommen hatte, Folgendes: 
Nachdem der Vorstand beschlossen hat, den Zechen die Aufhebung der 
sogenannten Sperre anzuraten, und die Vertreter der Essener Zechen, gemäß 
der Erklärung des Herrn Direktors Krabler, sich mit diesem Beschlusse ein- 
verstanden erklärt haben, werde ich den Vertretern der Bergarbeiter, Fischer, 
Marggraf und Bollmann, noch heute abend oder morgen früh von diesen 
Beschlüssen Kenntnis geben und ihnen dabei eröffnen, daß, wenn die Berg- 
leute des Essener Reviers trotz dieser Erklärung den Streik beschließen wür- 
den, sie sich jeder Sympathie der Regierungsbehörden begeben würden. 
Der Oberpräsident von Westfalen schließt sich dieser Erklärung 
in Bezug auf die Bergleute Westfalens an. 
 
	        
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