Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

Großbritennien. (Februar 14.—März.) 191 
noch etwa 2000 Pfd. für gewisse Geheimpolizisten aufgewendet, die im In- 
teresse des entstandenen Foroteses nach Amerika gesendet wurden. Die Briefe 
wurden vor ihrer Veröffentlichung einem Handschrifts-Sachversiändi en vor- 
gelegt. Soames sprach seine Ansicht über den Schreiber der Briefe dahin 
aus, daß der Text derselben von der Handschrift des früheren Sekretärs 
Parnells und jetzigen Parlamentsdeputierten Campbell herrühre. Anlangend 
den bekannten, mit der Ueberschrift „Parnelissm and crime“ versehenen Ar- 
tikel, so sei derselbe von dem Journalisten Flamigan, dem Sohne eines 
irischen Richters, verfaßt. 
In der Sitzung am 19. wird Houston vernommen und 
erklärt, 
Pigott habe die Parnellbriefe an ihn von Paris aus gesandt; der- 
selbe glaubt, Pigott habe die Briefe von in Paris lebenden Irländern ex- 
tremster Richtung bekommen, aber absichtlich nicht weiter über den Ursprung 
derselben gefragt. Von dem Advokaten Parnells befragt, gibt Houston zu, 
er habe alle von Pigott erhaltenen Briefe und Telegramme vernichtet, sobald 
er erfahren, daß er als Zeuge vor der Kommission werde erscheinen müssen. 
Houston gibt auch zu, zu wissen, daß Pigott gewisse kompromittierende Briefe 
an den Sachwalter Parnell's geschrieben habe. 
Am 21. findet die Vernehmung Pigotts statt. 
Pigott stellt auf das Bestimmteste in Abrede, die bekonnten Parnell= 
briefe gefälscht zu haben. Er habe dieselben teilweise von einem fenischen 
Conclave in Paris unter den feierlichsten Verschwiegenheits-Eiden, teilweise 
von einem gewissen Brown in Cork gekauft. Pigott deponiert sodann über 
die Unterredungen, die er kurz vor Eröffnung der jetzigen Untersuchung mit 
Laboucheèere, Parnell und Lewis, dem Sachwalter Parnells gehabt habe. Alle 
drei hätten ihn teils durch Drohungen, teils durch Verfprechungen dazu zu 
bestimmen gesucht, daß er die Fälschung der Briefe zugestehe, Labouchere 
habe ihm dafür 1000 Pfund Sterling angeboten. Bei den hieranf von 
Russel, Parnells Anwalt, an Pigott gerichteten Fragen behauptet letzterer, 
er könne sich nicht erinnern, kurz vor der Veröffentlichung der Parnellbriefe 
einen Brief an den Ergbischof Walch geschrieben zu haben, worin er behufs 
Zurückweisung eines gegen Parnell bevorstehenden Angriffs seine Hilfe an- 
geboten habe. Russel verliest darauf den betreffenden Brief. 
Am folgenden Tage findet die Entlarvung des Zeugen Pigott 
statt. 
Pigott muß zugeben, Walch davon unterrichtet zu haben, daß er die 
Parnellbriefe für gefälscht halte. Ferner wird konstatiert, daß Pigott dem 
damaligen Staatssekretär Forster und auch dem Fenier Egan seine Dienste 
angeboten und von denselben Geld erbeten hat. Russel, Parnells Anwalt, 
beweist, daß Pigott gerade dieselben Buchstabierungsfehler machte, welche in 
den Parnellbriefen vorkommen. 
Am 26. erscheint Pigott in der Kommission nicht. Auf An- 
trag des Anwalts Parnells, Russel, erläßt der Präsident deshalb 
einen Verhaftungsbefehl und vertagt die Sitzung auf eine Stunde. 
Nach Wiederaufnahme der Sitzung teilt der Staatsanwalt mit, daß 
er einen Brief von Pigott erhalten, in welchem dieser gesteht, sämtliche 
„Parnellbriefe“ gefälscht zu haben. Russel überrascht nun die Zuhörerschaft 
mit der Mitteilung, daß Pigott am Sonnabend Abend zu Labouchere ge- 
kommen und dort vor Augustus Sala eine Beichte abgelegt, Pigott habe
	        
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