Großbritennien. (Februar 21.—22.) 193
das auf der Konferenz in Washington begonnene Werk fortzusetzen. Die
unaushörlichen Ausgaben, welche von den anderen europäischen Nationen für
Kriegsrüstungen gemacht seien, hätten die Vermehrung der bisher zum Schutze
der Küsten und des Handels getroffenen Vorsichtsmaßregeln notwendig ge-
macht. Obgleich die anderen Mächte, welche über ungeheure Streitbräfte
verfügen, gegenwärtig ausnahmslos England freundlich gesinnt seien, habe
die Königin doch kein Recht anzunehmen, daß dieser Zustand keiner Möglich-
keit der Wandlung unterworfen sei.
21. Februar. (Oberhaus: Rede Salisburys.) Bei der
Beratung der auf die Thronrede zu erlassenden Adresse erklärt der
Premier Marquis von Salisbury,
die Thronrede erwähne über Sansibar nichts, weil seit dem Schlusse
des Parlaments dort nichts Erwähnenswertes vorgefallen sei. Die Blokade
sei, soweit ihm bekannt, erfolgreich; es seien nicht nur einige Sklaven weg-
genommen worden, der Erfolg der Blokade sei auch dadurch erwiesen, daß
nur wenige Sklavenhändler sich auf das Meer wagten. England habe jüngst
vom Sultan von Sansibar die Ermächtigung für die Admirale beider
Flotten erhalten, in den Territorial-Gewässern von Pemba und Sansibar
das sonst dem Sultan zustehende Recht, arabische Sklavenschiffe, die sich des
verbotenen Handels schuldig machten, zu durchsuchen und wegzunehmen. Der
Kampf mit den Sklavenhändlern werde ein langer und schwieriger sein, da
die Araber, die von diesem Handel lebten, alarmiert seien und ihr Mög-
lichstes thäten, um die Unterdrückung desselben zu verhindern. Was die
Samoa-Angelegenheit angehe, so hoffe er, den Schriftwechsel alsbald vor-
legen zu können; es sei besser, die Debatte über diesen Gegenstand bis nach
erfolgter Vorlage des Schriftwechsels zu verschieben. Die Konferenz in
Washington sei nicht abgebrochen, sondern nur infolge von Meinungsver-
schiedenheiten verlegt worden und werde jetzt wieder aufgenommen werden.
Eine Schwierigkeit sei wirklich vorhanden: Die einheimische Regierung da-
selbst könne allein nicht bestehen; das Bestreben, sie durch eine Art dreifaches
Abkommen unter drei gleich starken Mächten zu stützen, sei fehlgeschlagen,
da drei gleich starke Mächte selten übereinstimmten. Der Versuch, die An-
forderungen der öffentlichen Ordnung mit den von den drei Mächten beses-
senen verschiedenen Rechten in Einklang zu bringen, habe noch keine Lösung
gefunden, die alle Mächte befriedige. Er hoffe, es werde eine Lösung ge-
funden werden. Unter allen Umständen sei es eine Sache, bei welcher Eng-
land die Wiederherstellung des Friedens und des Handels im Auge habe.
Ein weiteres Ziel habe England nicht. Die Gerüchte, England habe die
Absicht, einen Teil oder die gesamten Inseln Samoas wegzunehmen, seien
thöricht.
22. Februar. (Unterhaus: Behandlung politischer
Gefangener und Auswärtige Politik.) Im Unterhause er-
hebt gelegentlich der Adreßdebatte Parnell Beschwerde darüber, daß
der Deputierte Carew bei seiner Einlieferung in das Gefängnis der
bisher von ihm getragenen Kleider beraubt worden sei.
Der Generalsekretär für Irland, Balfour, erwidert, man könne unter
Strafgefangenen keinen Unterschied machen, seiner Ansicht nach seien die für
die Gefängnisse bestehenden Anordnungen bei allen Gefangenen ohne Unter-
schied zur Anwendung zu bringen, soweit nicht der Arzt eine Milderung
derselben für geboten halte.
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXK. 13