Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

194 Greßbritannien. (März 7.—12.) 
Bei der Adreßdebatte erinnert Unterstaatssekretär Gorst dann 
an die Erklärungen des Unterstaatssekretärs Fergusson in der vori- 
gen Session, daß die Regierung Verpflichtungen zu einer militäri- 
schen Aktion außer den dem Parlamente bereits bekannten nicht ein- 
gegangen ist. 
Kein Gegenstand bilde mehr die Sorge der Regierung als die Er- 
haltung des Friedens in allen Teilen des Reichs. Seit 25 Jahren seien 
aber die Ausgaben für das Heer und die Flotte so beschränkt worden, daß 
man damit auf einen Punkt angelangt sei, der bedenklich erscheine. Die 
Vermehrung der Verteidigungsmittel sei notwendig, um auf eine mögliche 
Kriegsgefahr vorbereitet zu sein. Hinsichtlich Suakims und der Häfen des 
Roten Meeres befolge die Regierung die Politik ihrer Vorgängerin, nämlich 
die egyptische Regierung in der Aufrechterhaltung der Ordnung im eigent- 
lichen Egypten und in den Häfen des Roten Meeres zu unterstützen. Hin- 
sichtlich Tibets sei England nicht der Angreifer gewesen, sondern habe den 
Einfall der Tibetaner zurückgewiesen. Die Unterhandlungen, welche gegen- 
wärtig stattfänden, würden auch von seiten Chinas in der loyalsten Weise 
geführt. Der Zwischenfall von Sikkim habe die Freundschaft zwischen Eng- 
land und China befestigt. 
7. März. (Marinevorlage.) Im Unterhause wird die 
Marinevorlage eingebracht. 
Der erste Lord der Admiralität, Lord Hamilton, schlägt den Bau 
von 70 neuen Kriegsschiffen vor, deren Fertigstellung innerhalb 4½ Jahren 
erfolgen soll, die Kosten dieser Bauten werden von ihm auf 21 ½ Millionen 
Pland Sterling veranschlagt. Hamilton erklärt, die 70 neuen Kriegsschiffe 
sollten aus 8 Schlachtschiffen erster, 2 Schlachtschiffen zweiter, 9 Kreuzern 
erster Klasse und 33 kleineren Kreuzern und 18 Kanonenbooten für Torpedos 
bestehen. Die Hälfte der neuen Schiffe sollte auf Regierungswerften, die 
andere Hälfte auf Privatwerften gebaut werden. Der Bau sämtlicher Schiffe 
solle in 4½ Jahren vollendet sein. Das Programm müsse als ein Ganzes 
angenommen oder verworsen werden. Der Kanzler der Schatzkammer, Goschen, 
erklärt, die Regierung beabsichtige die Kosten nicht durch Anleihe, sondern 
durch Steuern aufzubringen. Die Steuerzahler würden während der nächsten 
vier Jahre für Schiffbau per Jahr 2 Millionen extra und während der 
darauf folgenden drei Jahre 1,400,000 per Jahr extra zu zahlen haben 
werden. Die Debatte wird vertagt. 
12. März. (Die Samoafrage.) Im Unterhaus kommt 
die Samoafrage zur Sprache. 
Unterstaatssekretär Fergusson erklärt, die deutsche Regierung habe seit 
den jüngsten Vorgängen in Samoa ihren Konsul von dort abberufen. Die 
Substituierung der deutschen Flagge austatt der englischen auf einem dortigen 
Gebäude beziehe sich wahrscheinlich auf ein Haus, dessen Eigentumsrecht 
seitis und der Gegenstand von Erörterungen sei. Hinsichtlich der gewalt- 
amen Ueberführung britischer Unterthanen von dem Schiffe „Richmond“ 
auf das deutsche Kriegsschiff „Adler" (angeblich eines Zeichners, der für ein 
illustriertes Blatt Skizzen aufnahm) habe die englische Regierung um Auf- 
klärung gebeten und seitens Deutschlands die Antwort erhalten, daß die 
deutschen Zivil= und Militärbehörden auf Samoa angewiesen seien, die in 
Samoa ansässigen Ausländer nicht dem Kriegsrechte zu unterwerfen und von 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.