Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

198 Großbritannien. (Mai 31.—Juni 4.) 
in Ostafrika werden im Oberhause von verschiedenen Rednern be- 
rührt. Lord Salisbury erklärt, auf deren Anfragen erst eingehen 
zu wollen, wenn die bezügliche Korrespondenz dem Parlamente mit- 
geteilt sein würde. Im übrigen bemerkt der Premier hinsichtlich 
der Gefahren für die Missionare: 
Diese Frage stehe in keiner Beziehung zu dem ursprünglichen Lander- 
werb seitens Deutschlands und zu der Blokade. Als die deutsche Gesellschaft 
von dem Gebiete an der Küste Besitz ergriffen habe, habe sie ohne Zweifel 
große Fehler begangen, doch habe England mit dem kolonisatorischen Vor- 
gehen nichts zu thun und sei in keiner Weise für diese Fehler verantwort- 
lich. Die deutsche Regierung habe erklärt, daß in Hinblick auf ihre mili- 
tärische Ehre, ihre Kolonialinteressen und ihr erlangtes Ansehen es für 
Deutschland als Nation wesentlich sei, die Oberhoheit an den Punkten, wo 
sie verloren gegangen, wiederherzustellen. Die militärischen Operationen ver- 
ursachen natürlich eine starke Bewegung überall an den angrenzenden Ge- 
bieten. Unglücklicherweise seien auch die Missionsdistrikte davon betroffen. 
Es sei mehr als zweifelhaft, ob die Missionare den richtigen Weg einge- 
schlagen haben, als sie alle Warnungen ignorierten und glaubten, auf Grund 
ihrer höheren Pflichten auf ihren Posten ausharren zu müssen. Während 
die Missionare sich weigerten, angesichts der großen Gefahr ihre Distrikte zu 
verlassen, hätten für sie ihre Freunde den Schutz der englischen Behörden 
angerufen. Er glaube nicht, daß es Christenpflicht sei, unnötig in Gefahr 
zu bleiben, oder durch die Vernunft gebotene Vorsichtsmaßregeln zu unter- 
lassen. Er sei nicht der Ansicht, daß die Missionare sehr weise und dadurch 
in höherem Grade christlich gehandelt haben. Die englische Regierung könne 
weder eine Armee, noch eine Flotte aufbieten, um die Operationen des 
Hauptmanns Wißmann aufzuhalten. Es sei lächerlich, zu behaupten, daß 
man die Diplomatie in Bewegung setzen solle. Angesichts der Vorstellungen 
des Bischofs von London und des Erzbischofs von Canterbury werde er mit 
der deutschen Regierung in Verhandlung treten. Indes sei es der einzige 
richtige Weg für die Missionare, ohne Verzug sich aus dem Bereich der militäri- 
schen Operationen zurückzuziehen, um so den Gefahren zu entgehen, welche mit 
der Beendigung der Operationen aufhören würden. Damit schließt die Erörterung. 
31. Mai. (Schottische Lokalverwaltung.) Das Unter- 
haus nimmt nach viertägiger Debatte die Bill über die schottische 
Lokalverwaltung an, nachdem vorher ein Antrag der Opposition, 
dieselbe einem Ausschuß aus allen Deputierten, verstärkt durch 30 an- 
dere Deputierte des Parlaments, zu überweisen, abgelehnt worden war. 
4. Juni. (Doppelwährung.) Im Unterhause beantragt 
Chaplin einen Beschluß zu Gunsten einer Konferenz zur Beratung 
der Frage wegen Einführung der Doppelwährung mittels eines 
internationalen Abkommens. 
Maclean stellt einen Unterantrag, besagend, der Bericht der Wäh- 
rungs-Kommission berechtige die Regierung nicht zu einer Aktion in dieser 
Frage. Der erste Lord des Schatzes, Smith, weist auf die vor einigen Tagen 
von Lord Salisbury und dem Kanzler der Schatzkammer, Goschen, dargelegte 
Haltung der Regierung hin und betont, die Regierung dürfe nicht das Ver- 
trauen der Kaufmannschaft durch Einmischung in die Währung erschüttern. 
Terartige Veränderungen müßten vor allem im allgemeinen angenommen
	        
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