Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

204 Großbritannien. (Oktober 1. Hälfte—November 9.) 
rungen nicht geheim bleiben dürften. Italiens Anschluß an den Dreibund 
sei durch keine politische Notwendigkeit gerechtfertigt, eine riesige Tollheit, 
grotesk und ruinös. In diesem Punkte vertrete die italienische Regierung 
nicht das italienische Volk; Italiens Teilnahme an einem Kriege gegen 
Frankreich wäre der „empörendste Skandal“ der Geschichte. 
Der Artikel wird anfangs Gladstone zugeschrieben, doch 
dementiert dieser alsbald das Gerücht. Darauf wird in der Presse 
allgemein als Autor genannt der radikale Abg. Labouchere. 
1. Hälfte Oktober. (Siege der Gladstonianer.) Bei zwei 
Nachwahlen, in North Buckinghamshire an Stelle des zum Pair 
ernannten Deputierten Egerton Hubbard und in Peterborough an 
Stelle des verstorbenen Deputierten Fitzwilliam werden statt der 
Konservativen Gladstonianer, Verney und Morton, gewählt. 
12. Oktober. (Irische Politik.) Die Zweigvereine der 
Nationalliga in der Stadt Tipperary und deren Umgegend werden 
mit Rücksicht darauf, daß in Tipperary eine große Versammlung 
zur Gründung einer neuen irischen Pächterliga stattfinden sollte, 
von der Regierung unterdrückt. Desgleichen werden der Einfuhr 
von Waffen und Munition nach Irland Beschränkungen auferlegt. 
9. November. (Programmrede Salisburys.) Beim 
Lord-Mayors-Banket in London hält Lord Salisbury eine Rede, 
in der er zunächst auf die gegenwärtigen Streitigkeiten zwischen dem 
Kapital und der Arbeit hinweist und beide Parteien vor der großen Ver- 
antwortlichkeit warnt, welche sie eingehen, wenn sie durch ihre Streitigkeiten 
in einer Zeit der lebhaftesten Konkurrenz auf den Fortgang des großen In- 
dustriebetriebes Englands störend einwirken würden. In betreff Irlands 
bemerkt Lord Salisbury, daß die Regierung nicht im Entferntesten geneigt 
sei, ihre Politik hinsichtlich Irlands nach der Richtung der Homeruler hin 
zu ändern. Zu den auswärtigen Angelegenheiten übergehend erklärt der 
Redner, mehr als irgend eine andere Frage beschäftige gegenwärtig Afrika 
die europäischen Staaten. Die jüngst gebildeten drei großen britischen Ge- 
sellschaften hätten begonnen, die Civilisierung Afrikas mit Aussicht auf Er- 
folg zu betreiben. Lord Salisbury gedenkt dann mit Ausdrücken der Ge- 
nugthuung der nach Brüssel einberufenen Konferenz zur Beratung der 
Sklavereifrage, welche eine Epoche der Weltgeschichte bezeichne, und spricht 
hierbei dem Sultan von Sansibar seinen Dank aus für das Dekret, be- 
treffend die Gewährung der Segnungen der Freiheit. Für Aegypten bestehe 
noch immer die Gefahr einer Invasion. Die Macht des Kalifen sei noch 
stark, wie die Befreiung Emin Paschas beweise. Der Zeitpunkt für die 
Näumung Aegyptens sei daher noch nicht eingetreten. Die andern Mächte 
könnten England bei der Einführung von Maßregeln zur Hebung des Wohl- 
standes in Aegypten unterstützen oder den Tag für die Räumung Aegyptens 
von englischen Truppen hinausschieben, indem sie den Bemühungen der eng- 
lischen Regierung entgegenarbeiteten. In betreff Europas erklärt Lord Salis- 
bury, wenig zu sagen zu haben. Die auf Kreta entstandenen Schwierigkeiten 
gingen einer schnellen Beseitigung entgegen. Eine andere Ursache zur Beun- 
ruhigung Europas bestehe zur Zeit nicht. In betreff des Gerüchts, wonach 
die britische Politik durch besondere Abmachungen gebunden sei, betont der
	        
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