Frankreich. (März 3.—9.) 213
ordentlichen, höchsten Gerichtshof zu verweisen.“ Die Regierungsmaßnahme
übte auf Kammer und Oeffentlichkeit die beste Wirkung. Die Börse begrüßt
sie mit 40 Centimes Kurssteigerung. Um Mitternacht findet eine Versamm-
lung der Ligamitglieder in den Geschäftsräumen des Intransigeant trotz
des ergangenen Verbots statt. Dieselben protestieren gegen die Willkür und
Vergewaltigung und erklären den Fortbestand der Liga. Laguerre fordert
in einem Brief an den Justizminister, ungeachtet seiner Abgeordneteneigen-
schaft gleicherweise verfolgt zu werden, wie die anderen Unterzeichner der
Kundgebung, Richard und Deroulede, andernfalls werde er morgen wegen
der Ungleichheit der Justiz interpellieren.
3. März. (Interpellation Laguerres wegen Auf-
lösung der Patriotenliga.)
Laguerre verlangt Ausklärungen über die beabsichtigten gerichtlichen
Verfolgungen von Mitgliedern der Patriotenliga und fragt, warum nicht
die Berechtigung zu Maßnahmen gegen ihn selbst nachgesucht werde. Tirard
rechtfertigt in seiner Antwort die gegen die Patriotenliga ergriffenen Maß-
nahmen und sagt, die Regierung werde keine Schwäche zeigen weder gegen-
über den Manövern der Feinde der Republik, noch gegenüber Beleidigungen
oder Drohungen. Der Justizminister Thevenet gibt Erklärungen über die
strafrechtlichen Verfolgungen von Mitgliedern der Liga, indem er diese als
eine scheinheilige Organisation darstellte, welche nur bezwecke, einen Mann
zur Macht emporzuheben. Nach Beginn der Untersuchung werde er Laguerre
antworten, und nach ihrer Beendigung werde Laguerre zur Verantwortung
gezogen werden, sobald die Justizverwaltung die Stunde für gekommen er-
achte, nicht aber nach seinem Belieben. Der Minister schließt mit der Er-
klärung, er werde dem Gesetze Achtung verschaffen. Laguerre erwidert unter
großem Tumult und bringt eine die strafrechtlichen Verfolgungen tadelnde
Tagesordnung ein. Die Kammer nimmt jedoch eine andere Tagesordnung,
in welcher dem Vertrauen in die Energie der Regierung, den Gesetzen Ach-
tung zu verschaffen, Ausdruck gegeben wird, mit 348 gegen 220 St. an.
Der Minister des Innern hat inzwischen die Präfekten angewiesen,
überall die Zweigvereine der Patriotenliga zu schließen.
6. März. (Manifest Boulangers.) Boulanger beant-
wortet die Maßregeln des Kabinets Tirard mit einem Manifest,
welches er in die Form einer Polemik gegen die „Times“ kleidet,
die ihn scharf angegriffen habe.
Die Polemik Boulangers, welche er als Zuschrift an Naquet richtet,
besagt, es würde seinen unehrlichen Gegnern nicht gelingen, die öffentliche
Meinung Europas zu täuschen. Indem er alle Franzosen auffordere, inner-
halb der Republik eine Regierung zu gründen, in welcher die Ehre und
Rechtschaffenheit die Grundpfeiler sein würden, lade er sie zu einem Werk
des Friedens ein. Seine Mission werde darin bestehen, dem durch den Par-
lamentarismus so tief zerrissenen Vaterlande das Vertrauen, den Wohlstand
und die Eintracht wieder zu geben. In der Erfüllung dieser Aufgabe besitze
er die Unterstützung aller guten Franzosen, er werde auch die Zustimmung
aller anständigen Leute in allen Ländern finden. Die Anschuldigungen der
„Times"“ könnten ihn nicht erregen, seine Pflicht stehe ihm höher, als alle
leeren Angriffe, er werde sie erfüllen, ohne irgend jemanden zu beunruhigen.
9. März. (Rückberufung Aumales.) Das Journal
offiziell veröffentlicht ein Dekret, durch welches die im Juli