Frankreich. (März 17.—28.) 215
Wort haben und eine Kammer, die die gerichtliche Verfolgung beschließen
sollte, mit Unwillen und Abscheu von sich stoßen. Laguerre wird hierfür
zur Ordnung gerufen. Nach einer weiteren Rede des Berichterstatters Arennee,
welcher nochmals für die Genehmigung der gerichtlichen Verfolgung eintrat,
wird der Schluß der Beratung mit 318 gegen 214 Stimmen beschlossen.
Der Antrag auf gerichtliche Verfolgung der Abgeordneten Laguerre, Laisant
und Turquet wird sodann mit 334 gegen 227 Stimmen angenommen. Die
Majorität für die Genehmigung der Verfolgung besteht aus 317 Republi-
kanern, unter der Minorität sind 162 Konfervative, 17 Boulangisten, 35
Republikaner: 49 Deputierte enthielten sich der Abstimmung oder fehlten.
Ebenso wird von dem Senat die Verfolgung Naquets mit großer Majorität
bewilligt.
17. März. (Programmrede Boulangers.) Boulanger
hält bei einem Zweckessen in Tours eine Rede, in der er erklärt,
er wolle die Republik bewahren, aber nicht die parlamentarische. Die
Monarchisten sollten sich ihm anschließen, weil die Herstellung der Monarchie
das Land zu sehr erschüttern würde. Er verspricht in seiner Republik alle
Freiheiten, vor allem die des Gewissens, d. h. die katholische Kirche zu
achten.
2. Hälfte März. (Boulangistische Ausschreitungen.)
Das Vorgehen gegen die Patriotenliga führt zu heftigen Auslas-
sungen der Boulangisten gegen die Regierung.
Am 24. bankettierten 300 Boulangisten unter dem Vorsitze von Naquet
im Restaurant Bonvalet. de Menorval macht dabei dem „wilsonistischen“
Parlament den Prozeß und toastet auf die Republik Boulangers. de Susfine
vergleicht denselben mit Washington und wünscht für Frankreich eine Repu-
blik nach amerikanischem Vorbild. Vergoin bezeichnet den Kampf gegen das
Parlament nicht als Zweck, sondern als Mittel der Boulangisten.
2. Hälfte März. Ein bestehender Kupferring, an dem
viele der größten Firmen beteiligt sind, bricht zusammen. Beson-
ders bedroht wird dadurch das Comptoir d'escompte. Die Kala-
mität wird erst beseitigt, nachdem die Bank von Frankreich inter-
veniert und der Finanzminister auch von den übrigen Banken und
Bankhäusern das Versprechen der Abhilfe erhalten hat.
27. März. (Zölle.) Die Deputiertenkammer nimmt die
Gesetzvorlage, durch welche der Zoll auf Roggen verdoppelt und das
Roggenmehl mit einem Zoll von 5 Francs pro Zentner belegt wird.
28. März. (Deputiertenkammer: Revolutionsdenkmal.)
In der Deputiertenkammer kommt es zu einer bewegten Debatte
über den Kredit, welcher für die Errichtung eines Denkmals zur
Erinnerung an die französische Revolution gefordert wird.
Cassagnac bekämpft die Vorlage, weil sie allzu große Kosten verursache
und die traurigsten Erinnerungen wachrufe. Die Kammer beschließt nach
einigen kurzen Bemerkungen des Ministers Fallières mit 243 gegen 231
Stimmen die Dringlichkeit und entscheidet sich sodann aber dahin, zu der
Beratung der einzelnen Artikel nicht überzugehen. Die Linke erhebt hier-
gegen lebhaften Protest und verlangt eine neue Abstimmung, die Rechte