Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

Frankreich. (November 8. —17.) 233 
8. November. (Boulangistenkonferenz.) Boulanger ladet 
zum 8. alle seine in die Kammer gewählten Anhänger, 51 an der 
Zahl zu sich, um mit ihnen über ihre Haltung im Parlament zu 
beratschlagen. 31 davon nehmen an dem Kongreß teil. 
9. November. Marineminister Crantz nimmmt seinen 
Abschied. 
Der Entschluß ist durch einen Konflikt mit dem Unterstaatssekretär 
der Kolonien, Etienne, über die Abgrenzung der Befugnisse der Militär- 
und Civilbehörden in Tonkin hervorgerufen. 
Am 11. wird Barbey zum Marineminister ernannt. 
12. November. (Eröffnung der Deputiertenkammer.) 
Alterspräsident Pierre Blanc eröffnet die Sitzung mit einer An- 
sprache, in welcher er konstatiert, 
daß die Republik zum fünftenmale über den Angriff ihrer verbün- 
deten Feinde triumphiert habe. Die Kammer müsse der Wiederkehr schmerz- 
licher Prüfungen begegnen, indem sie die Unzufriedenheit beseitige, welche 
solche Prüfungen veranlaßte. Er hoffe, die Kammer werde künftig auf- 
reizende Streitigkeiten, sowie unfruchtbare Diskussionen vermeiden. Blanc 
erinnert ferner an den Erfolg der Ausstellung, welche Frankreich bei allen 
Nationen zum Ruhme gereiche und fügte hinzu: „An uns ist es jetzt, Frank- 
reich glücklich zu machen, indem wir ihm Ruhe, Arbeit, wirtschaftliche Spar- 
samkeit und soziale Gerechtigkeit geben.“ 
Die Boulangisten versuchten einen Exzeß vor der Kammer, 
so daß sich die Polizei genötigt sah, 148 Verhaftungen vorzunehmen. 
16. November. Die Kammer wählt bei der Wahl des defi- 
nitiven Bureaus mit 383 von 400 abgegebenen Stimmen Floquet 
zum Präsidenten der Kammer. 
17. November. (Erklärung des Ministeriums Tirard.) 
In der Deputiertenkammer verliest Ministerpräsident Tirard, nach- 
dem das Bureau sich konstituiert und Kammerpräsident Floquet in 
einer Ansprache ausgeführt hatte, daß das republikanische Frank- 
reich den Willen geäußert habe, seine Mandatare in Einigkeit zu 
sehen, solgende Erklärung: 
„Das Kabinet, welches die Ehre hat, heute das Wort an die Ver- 
treter der Nation zu richten, ist dasselbe, welches im Februar d. J. dem 
Rufe des Präsidenten der Republik in einer schwierigen Stunde Folge lei- 
stete und die Regierung des Landes schon vor der feierlichen Befragung, 
welche soeben stattfand, geführt hat. Durchdrungen von den Gefühlen un- 
serer Pflichten gegen die Republik und entschlossen, sie zu erfüllen, glauben 
wir, Dank der Hilfe des Senats und der Kammer, die von uns übernom- 
mene Aufgabe zu einem guten Ende geführt zu haben. So haben wir durch 
einfache Anwendung des Gesetzes alle faktiösen Versuche vereitelt, so daß 
Frankreich unter Sicherung der Ordnung in der Mitte von Wundern der 
Kunst und Industrie seine entgegenkommende Gastfreundschaft den Millionen 
von Fremden darbieten konnte, welche von allen Teilen der Erde gekommen 
 
	        
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