FKr#ankreich. (Dezember Mitte—2. Hälfte.) 237
machen; wenn die Kammer den Kredit ablehne, werde er von seinem Posten
zurücktreten (Beifall links). Nach heftigen Auseinandersetzungen zwischen den
republikanischen und boulangistischen Deputierten beschließt die Kammer mit
332 gegen 166 Stimmen zur Beratung der einzelnen Artikel überzugehen.
Die beiden ersten Artikel werden mit großer Majorität angenommen und
der Kredit von 1,600,000 Frcs. mit 290 gegen 192 Stimmen genehmigt.
Mitte Dezember. (Handel mit dem Auslande i. J.1888.q)
Die Hauptzollverwaltung veröffentlicht eine allgemeine Uebersicht
über den Handel Frankreichs mit dem Auslande im Jahre 1888.
Hiernach beliefen sich die Einnahmen an Zöllen im Jahre 1888 auf
423 Millionen Franken, also auf 461½ Millionen mehr als im Jahr 1887.
Um aus diesem günstigen Ertrag jedoch keine falschen Schlüsse zu ziehen,
muß man, wie die „Köln. Ztg.“ bemerkt, berücksichtigen, daß 1888 infolge
der Mißernte die Einfuhr von Getreide und von Mehl stärker gewesen ist,
als in irgend einem der letzten fünf Jahre. Der „schlechteste Kunde" Frank-
reichs ist Rußland, welches für 295 Mill. mehr nach Frankreich abgesetzt,
als von diesem gekauft hat. Auf diesen Umstand anspielend, bemerkte eins
der größten Pariser Finanzblätter mißmutig: „Da sieht man, welchen ufen
der französische Markt aus der Zulassung der russischen Werte erzielt hat.
Die Zinsen dieser Werte werden uns entschädigen müssen für die Goldaus-
fuhr nach Rußland, die zur Ausgleichung der beiderseitigen Abrechnungen
über Aus= und Einfuhr notwendig geworden ist.“ Der Absatz französischer
Waren nach Italien hat in den letzten Jahren sehr beträchtlich nachgelassen.
Im Jahre 1884 betrug die Ausfuhr nach dort noch 262 Mill., 1885 nur
259 Mill., 1888 war sie auf 180 Mill. Francs gefallen.
17. Dezember. (Amnestieforderung für die vom ober-
sten Gerichtshof Verurteilten.) Deputierter Grangers bringt
einen Antrag auf Amnestie für alle vom obersten Gerichtshof Ver-
urteilte, d. h. Boulanger u. Gen., ein und fordert für seinen An-
trag die Dringlichkeit.
Justizminister Thevenet erwidert, die Regierung könne für die vom
obersten Gerichtshofe schuldig befundenen Unruhestifter, welche das Land auf-
wiegeln, Amnestie nicht gewähren. Die Regierung werde Milde walten lassen,
sobald es sich nicht um Angriffe auf Personen und Eigentum handle. Le-
veille unterstützt den Antrag auf Dringlichkeit und erklärt, seine Wähler
hätten ihn mit dem Auftrage, gegen den Urteilsspruch des obersten Gerichts-
hofes zu protestieren, gewählt. (Unruhe.) Hierauf wird die Dringlichteit
mit 338 gegen 61 Stimmen abgelehnt.
2. Hälfte Dezember. (Neues Armeekorps.) Der fran-
zösische Oberkriegsrat äußert sich nach langen Beratungen gutacht-
lich dahin,
daß mit Rücksicht auf die Teilung des 15. deutschen Armeekorps und
die damit zusammenhängenden Neugestaltungen des deutschen Heeres Grund
vorliege, die Garnisonen an der Ostgrenze zu verstärken und ein zweites 6.
Armeekorps unter der Bezeichuung 6 bis zu errichten.
2. Hälfte Dezember. (Monarchistische Fraktionen.) Unter
den Monarchisten treten neue Spaltungen hervor, so daß sich jetzt