242 Ilelien. (Mai Anfang.)
Korrespondenten des New-York Herald. Der Bericht des letzteren
lautet (nach der Kölnischen Zeitung):
„Wir machen zweifellos eine schwere Krisis durch, und der Kampf
steht erst bevor. Italien steckt noch in den Kinderschuhen, und doch möchte
es schon so stark und so klug sein wie Jahrhunderte alte Nationen. Wir
haben Feinde im Innern und Feinde draußen, und der einzige Weg, den
Frieden, den ich so sehnlich wünsche, zu sichern, ist, für alle Möglichkeiten ge-
rüstet zu sein. In Afrika befolgt Italien eine Politik des Abwartens, denn
eine Aenderung dieser Politik wurde neue Ausgaben im Gefolge haben. Wir
müssen im übrigen unsern Besitzstand bis Keren ausdehnen und zu vermeiden
suchen, daß die einheimische Bevölkerung uns Schwachheit zutraut. Die
finanziellen Schwierigkeiten müssen wir durch Ersparnisse und Einschränkung
mehr als durch neue Steuern zu überwinden suchen. Wenn man der Re-
gierung vorwirft, sie sei schuld an dem Uebel, so verweise ich darauf, daß
zu allen Zeiten und in allen Ländern die augenblickliche Regierung für alle
Uebel, für Hungersnot, Krieg, Pestilenz und Handelsstockung verantwortlich
gemacht worden ist. Das Urteil müssen wir der Geschichte überlassen, ich
muß mir daran genügen lassen, mein Bestes für mein Vaterland einzusetzen
und den Spruch der Nachwelt abzuwarten. Was die weltliche Macht des
Papstes angeht, so ist sie ein Ding der Vergangenheit und gegenwärtig ein
Zeitvertreib für politische Schauspieler, die gern Staatsmänner sein möchten.
Nach dieser Seite hat Italien nichts zu fürchten. Insofern die italienische
Regierung in Betracht kommt, läuft der Papst keine Gefahr, fie leistet Sr.
Heiligkeit die größte Bürgschaft. Gefahr droht ihm vielmehr durch die
Ränke des Vatikans selbst und die Ermutigung und Aufreizung einer über-
erregten Bevölkerung. Es liegt daher im Interesse des Vatikans ebenso wie
in dem der Regierung des Königs von Italien, daß Kundgebungen, wie sie
in den letzten beiden Monaten stattgefunden haben, vermieden oder streng
niedergedrückt werden. Diese Kundgebungen werden von ausländischen Ele-
menten genährt, die Anstifter sind der Regierung bekannt und werden über-
wacht, der italienische Arbeiter gehört selten dieser Gesellschaft an. In bezug
auf unsere Stellung zu Frankreich möchte ich überall verkündet wissen, daß
ich persönlich Frankreich gegenüber keine unfreundlichen Gefühle hege. Warum
sollte ich auch) Es wäre im Gegenteil in meinen Augen ein Verbrechen,
wollte ich feindliche Gefühle zwischen den beiden Nationen ermutigen, und
es ist eins meiner vornehmlichsten Ziele, sie zusammenzuführen durch Bande
der Freundschaft, die sobald nicht zersprengt werden können.“"
Am 9. März — das alte Ministerium ist bis dahin in
Thätigkeit geblieben, die Kammer hat sich auf unbestimmte Zeit
vertagt — ist die Krisis beendet.
Crispi hatte in dem Wunsche, daß ein Ministerium zu stande komme,
welches auch ohne ihn im stande wäre, die Regierung zu leiten, den König
ersucht, andere Staatsmänner zu dieser Aufgabe zu berufen. Der König
hatte hierauf mit dem Präsidenten der Kammer und anderen Persönlichkeiten.
Besprechung gepflogen und schließlich darauf bestanden, daß Crispi das
Kabinet bilde. Dieser hatte sodann die Unterhandlungen wieder aufge-
nommen. Das Resultat ist, daß als neue Minister in das Kabinet eintreten:
Seismit Doda (Finanzen), Giolitti (Schatzamt) und Finali (Arbeiten). Die
übrigen Minister behalten ihre früheren unde
Anfang Mai. (Das italienisch-belgische Heiratspro-
jekt) wird auf Grund einer Berliner Meldung der „Trier. Landesztg.“,