Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

244 Italien. (Juni 1.- 2. Hälfte.) 
Königs in Berlin werden mehrere offizielle Dankadrefsen nach Berlin 
gerichtet. Die römische Munizipalität erteilt durch Akklamation 
einer Resolution ihre Zustimmung, welche lautet: 
„Die Munizipalität von Rom, versammelt auf dem Kapitol, wo sie 
unlängst Se. Majestät den Kaiser Wilhelm begrüßte, sagt der Stadt Berlin 
ihren lebhaften Dank für den herzlichen und spontanen Empfang, den fie 
dem König Humbert, dem hohen und glorreichen Vertreter der italienischen 
Nation, bereitet hat. Die Zuneigung und Liebe, in welcher sich heute beide 
Städte begegnen, ist ein Symbol und unauflösliches Unterpfand der Ver- 
brüderung beider Bölker.“ 
Auf den Antrag des Munizipalrats wird die Resolution durch 
den Bürgermeister an den Ministerpräsidenten Crispi in Berlin 
mit der Bitte übermittelt, dieselbe dem Oberbürgermeister von Berlin 
zuzustellen. 
1. Juni. (Budgetberatung.) Die Kammer berät das 
Budget des Arbeitsministeriums und beschließt, entgegen dem ein- 
stimmigen Vorschlage der Budget-Kommission, den für das Finanz- 
jahr 1889/90 für Eisenbahnbauten beanspruchten Betrag um 20 
Millionen zu kürzen. Der Arbeitsminister Finali hatte diese Kür- 
zung verlangt und der Tresorminister Giolitti dieselbe befürwortet. 
6. Juni. (Budgetkommissionswahlen.) Infolge von 
Differenzen innerhalb der Budgetkommission treten 17 Mitglieder 
aus. Bei den Ergänzungswahlen für diese 17 werden die der Re- 
gierungspartei angehörenden Kandidaten sämtlich im ersten Wahl- 
gange gewählt. 
9. Juni. (Giordano Bruno Denkmal.) Das Giordano 
Bruno Denkmal in Rom wird unter allgemeiner Teilnahme der 
nichtklerikalen Bevölkerung enthüllt. 
las Der Papst hatte für diesen Tag sämtliche Kirchen Roms schließen 
assen. 
2. Hälfte Juni. (Vatikanische Politik aus dem Jahre 
1848.) Die „Frankfurter Zeitung“ meldet, in den Archiven des 
italienischen Unterrichtsministeriums sei jüngst der Entwurf der 
Rede gefunden worden, die der Graf Mamiani, Premierminister 
Pius IX., am 9. Juni 1848 zur Eröffnung des römischen Parla- 
ments gehalten hat. 
Der Minister des Papstes erklärt darin den römischen Deputierten, 
„daß der heilige Vater durchaus nicht auf der Beibehaltung der weltlichen 
Gewalt bestehe, und daß er es vorziehen würde, in der erhabenen Sphäre 
seiner geistlichen Autorität zu verweilen, im ungetrübten Frieden des Dog- 
mas zu leben, der Welt das Wort Gottes zu verkünden, zu beten, zu segnen 
und zu verzeihen.“ Der Entwurf weise Noten und Korrekturen auf, die 
von der Hand Pius IX. herrühren, die also beweisen, daß der Papst die
	        
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