Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

Italien. (Juni 28.— Juli 2. Hälfte.) 245 
Rede autorisiert habe. Die italienische Regierung habe beschlossen, das 
Aktenstück photographisch vervielfältigen zu lassen. 
28. Juni. (Italien und das Papsttum.) Min.-Präs. 
Crispi gibt im Senat über die Stellung Italiens zum Papsttum 
einige wichtige Erklärungen ab. 
Zuvörderst erklärt er, Italien würde für die katholischen Missionare 
im Ausland keinen Groschen opfern, da dieselben geschworene Feinde Italiens 
seien. Wohl habe auch er einst Versöhnungsgedanken gehegt und hierüber 
sogar eine Unterredung mit dem gemäßigten Prälaten Pater Tosti gehabt, 
allein der Vatikan schnitt kurzweg alle Annäherungsversuche ab und damit 
habe er auch jede Illusion betreffs einer Versöhnung verloren. Er sei hier- 
durch zu der Erkenntnis gelangt, daß eine Verfsöhnung des italienischen 
Staates mit der Kirche nur der Freiheit gefährlich sein würde Im übrigen 
hoffe der Vatikan vergebens, durch einen europäischen Krieg seine weltliche 
Herrschaft wieder herzustellen. Die päpstliche Herrschaft sei für ewige Zeiten 
verurteilt. 
8. Juli. (Italien und Oesterreich.) Min.-Präs. Crispi 
erklärt in Bezug auf eine vom Dep. Cavallotti eingebrachte Inter- 
pellation in betreff eines in den Istrischen Gewässern vorgekommenen 
Zwischenfalles, 
der österreichische Schiffskommandant, welcher in die Luft und nicht 
auf das italienische Schiff „Ida“ geschossen habe, sei seines Postens enthoben 
worden. Die Verhaftung der beiden Bürger, von denen der eine nicht ita- 
lienischer Nationalität, der andere ein Deserteur, sei vollkommen gesetzlich, 
ebenso seien auch die gegen Ausflügler in Triest und in Riva und Trento 
ergriffenen Maßregeln gerechtfertigt, indem gelegentlich des Ausfluges irre- 
dentistische Kundgebungen vorgekommen wären. Die Erklärungen des öster- 
reichischen Ministers des Aeußern, Grafen Kalnoky, in den Delegationen 
seien würdig, klug und weise. Der österreichische Katholikenkongreß habe 
ohne Beteiligung der österreichischen Regierung stattgefunden; er verweise 
in dieser Beziehung auf die Erklärungen des Grafen Taaffe gelegentlich der 
Beantwortung einer Interpellation, worin derselbe die Aufreckerhaltung der 
Freundschaft mit Italien als Hauptzweck bezeichnete. 
Cavallotti erklärt, von der Antwort des Ministers nicht be- 
friedigt zu sein, stellt jedoch keinen Antrag. 
2. Hälfte Juli. (Maßregeln gegen die Irredentisten.) 
Das „Amtsblatt“ veröffentlicht einen Bericht des Generaldirektors 
der öffentlichen Sicherheit in Rom an den Minister des Innern, 
betreffend die Konstituierung einer Verbindung, genannt: „Komitee 
für Triest und Trient in Rom“. 
Dieses Komitee, heißt es in dem Bericht, verfolge dem Staate zu- 
widerlaufende Ziele, dasselbe habe der Polizei ein Manifest an die Italiener 
überreicht, um die Erlaubnis zu erlangen, diesen Aufruf durch Plakate zu 
verbreiten. Diese Erlaubnis sei dem Komitee verweigert worden. In diesem 
Manifest fordere das Komitee das Volk, unter dem Vorwande, Triest und 
Trient zu befreien, zu Unruhen und Agitation in Italien auf, es beleidige 
die Regierung und das Parlament, indem es ihnen den Vorwurf mache, die 
Rechte des Volkes zu vergessen. Das Komitee verwünsche die Allianz, welche
	        
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