254 Die Rämische Hurie. (Juli.)
Es sei zu besorgen, daß diese Leidenschaften nicht immer in gewisse Schranken
eingedämmt werden könnten. Trotz seines hohen Alters werde er den Kampf
fortsetzen und ermahne vor allem den italienischen Episkopat, in der Ver-
teidigung des Glaubens fortzufahren und das Volk über die angeführten
Thatsachen aufzuklären. Die Römer möchten der Größe Roms während der
kirchlichen Aera gedenken und in Anhänglichkeit an den päpstlichen Stuhl
beharren.
Monat Juli. (Uebersiedelung des heiligen Stuhles.)
In der Presse des In= und Auslandes wird die Nachricht ver-
breitet, der Papst beabsichtige, für den Fall eines Krieges Rom zu
verlassen. So meldet die „Frankfurter Zeitung“ aus Madrid:
Die Nachricht, der Papst beabsichtige, eventuell seine Refidenz in
Spanien zu nehmen, ist vom spanischen Botschafter beim Vatikan offiziell
hierher gemeldet worden. Sie wird von der Presse aller Parteien sym-
pathisch aufgenommen, gleichzeitig wird aber konstatiert, daß Spanien nie-
mals dem Papst ein Souveränetätsrecht über ein noch so kleines Gebiet ab-
treten würde.
Zur selben Zeit veröffentlicht der Moniteur de Rom einen
Brief des Kardinals Rampolla an den Bischof von Barcelona,
welcher der Königin von Spanien über die eventuelle Ueberfiedelung
des Heiligen Stuhles nach Spanien Bericht erstattet.
Der „Hamburger Korrespondent“ erhält unterm 4. aus
Madrid über den Stand der Angelegenheit folgende Mitteilung:
Das Ansuchen des Papstes an Spanien, ihm Zuflucht zu gewähren,
ist nicht neu. Wohl aber wurde das alte Projekt anläßlich der Enthüllung
des Giordano Bruno-Denkmals in Rom wieder ausgenommen. Die vor-
bereitenden Verhandlungen wurden geführt von den Bischöfen von Barcelona,
Saragossa und Valencia; der formelle Antrag auf Gewährung des Asyls
ist am 1. d. Mts. direkt aus dem Vatikan und zwar vom Papst pershönlich
an die Königin-Regentin in einer langen chiffrierten Depesche, welche der
Nuntius der Monarchin abends spät überreichte, gestellt worden. Der Papst
erklärt in dieser Depesche, daß er im Hinblick auf die ihm in Rom fort-
gesetzt bereiteten Schwierigkeiten und Kränkungen unzweifelhaft über kurz
oder lang gezwungen sein werde, die ewige Stadt zu verlassen. Nach An-
sicht des Oberhauptes der katholischen Kirche stehen wir im gegenwärtigen
Augenblick unmittelbar vor dem Ausbruch eines allgemeinen europäischen
Krieges, und von dem Ausgang dieses Krieges würde es zunächst abhängen,
ob Rom die weltliche Hauptstadt Italiens bleiben oder den Päpsten zurück-
gegeben werden wird. Wird Italien besiegt, so würde das nach Leo XIII.
Ansicht gleichbedeutend sein mit der Wiederherstellung der weltlichen Macht
der Päpste, bleibt Italien siegreich, so erscheint Leo XIII. ein längeres Ver-
bleiben der Kurie in Rom zukünftig ausgeschlossen. In jedem Fall erklärt
der Papst, nicht nur während des Krieges nicht in Rom verbleiben zu
können, da er der Ueberzeugung sei, die Italiener würden ihn sofort als
Geißel behandeln, sondern er erklärt es auch aus denselben Gründen für
notwendig, daß er sich bei Ausbruch des Krieges nicht mehr in der ewigen
Stadt befinde. Dies die Motivierung der vom Papst der spanischen Regie-
rung vorgetragenen Bitte, welche dahin geht, ihm eine der Mittelmeerstädte,
am liebsten Valencia, als Residenz zu überlassen, mit den Rechten der Ex-