Die Nämische Kurie. (Oktober Anfang — November 2. Hälfte.) 255
territorialität für die von ihm, seinem Hofe und seinen Behörden bewohnten
Gebäude.
Der Gewährsmann des „Hamburger Korrespondent“ meint
weiter, man sei zwar über diese Perspektive in Madrid nicht ent-
zückt, doch herrscht die Ansicht allgemein vor, daß das Ministerium,
dem die Regentin sofort Mitteilung von dem ihr zugegangenen
Wunsch des Papstes gemacht hat, seine Zustimmung nicht versagen
wird. Eine formelle Entscheidung stehe jedoch erst bevor nach der
Rückkehr des bisherigen, unlängst abberufenen spanischen Gesandten
im Vatikan, Herrn Groizard, welcher der Ueberbringer weiterer
Mitteilungen des Papstes ist. Die „Daily News“ endlich meldet
aus Madrid:
„In politischen und diplomatischen Kreisen hat es Aufsehen erregt,
daß der deutsche Botschafter auf dem Auswärtigen Amte vorgesprochen hat,
um an den Marquis de Vega de Armijo die Frage zu richten, ob der Papst
wirklich die Absicht angekündigt habe, Rom zu verlassen und nach Valencia
zu gehen. Die Antwort des Ministers soll verneinend gelautet haben, die
spanische Regierung aber beobachtet große Zurückhaltung in der Angelegen-
heit. Man nimmt allgemein an, daß der Vatikan nicht nur Spanien, son-
dern auch die anderen katholischen Länder sondiert hat über die Rätlichkeit,
daß Se. Heiligkeit in Spanien eine Zufluchtsstätte suche, da Oesterreich,
Frankreich und Belgien ihm eine solche nicht bieten könnten."“
Anfang Oktober. (Abreise des Papstes aus Rom.) Eine
vatikanische Zuschrift der offiziösen Wiener „Polit. Korresp.“ meldet
in Bezug auf die etwaige Abreise des Papstes aus Rom,
der preußische Gesandte Hr. v. Schlözer habe sofort nach der Rück-
kehr von seinem Urlaube seine gegen diesen Plan schon früher erhobenen
Vorstellungen erneuert. Auch die französische Diplomatie verhalte sich in
dieser Frage jetzt mehr passiv, was man in vatikanischen Kreisen darauf
zurückführe, daß die zwischen Frankreich und Italien herrschende Spannung
im Nachlassen begriffen sei.
20. Oktober. (Päpstliche Ansprache.) Der Papst empfängt
französische Pilger und beklagt in einer Ansprache diesen gegenüber,
daß die Lösung der sozialen Frage nicht mehr auf christlich-kirch-
lichem Boden gesucht werde. Er empfiehlt deshalb die Gründung zeitgemäßer
katholischer Vereine behufs heilsamer Lenkung der sozialen Bewegung, ver-
wirft die Bekämpfung des Eigentums, rät zum Frieden zwischen den er-
werbenden Klassen und predigt endlich den Regierungen die Nutzlosigkeit der
Anwendung von Machtmitteln gegen eine Revolution, welcher nur die Ver-
besserung der Lage der Arbeiter vorbeugen könne. Den Arbeitern empfiehlt
der Papst Glaubenstreue, Genügsamkeit, Unterordnung und gesetzliche Haltung.
2. Hälfte November. (Irisches Schiedsrichteramt.) In
der irischen Frage hatte von einem Schiedsrichteramt des Papstes
verlautet. Demgegenüber erfährt die „Köln. Ztg.“, daß der Papst
dieses Amt nur annehmen wolle, wenn die englische Regierung und
die Iren gleichzeitig ihn anrufen.