Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. 1889. (30)

280 Auflland. (April 2. Hälfte—Mai 30.) 
Sinne von Konzessionen unsererseits aufgefaßt werden. Dieser ganzen Agi- 
tation kann leicht mit einem Schlage gewiß kräftiger Hand Einhalt gemacht 
werden. Wenn die Widerspenstigen sich überzeugen, daß man mit ihnen 
nicht spaßt und daß man mit den russischen Behörden nicht spaßen darf, so 
sind wir überzeugt, daß die Späßchen sofort aufhören und alles seinen bis- 
herigen Gang, ohne die mindesten Komplikationen, gehen wird.“ 
2. Hälfte April. (Verbot morganatischer Ehen.) Der 
Kaiser genehmigt einen Ukas, welcher allen Mitgliedern des Kaiser- 
hauses morganatische Ehen verbietet. 
7. Mai. Graf Dimitri Tolstoi, Minister des Innern f. 
14. Mai. (Finanzen.) Einer Konversion im März folgt 
eine zweite Emission 4prozentiger konsolidierter Eisenbahn-Obli- 
gationen im Betrage von 310,498,000 Goldrubel. Dieselbe ist 
ebenfalls zu Konversionszwecken bestimmt. 
1. Hälfte Mai. (Die Juden in den Östseeprovinzen.) 
Der amtliche Rigaische „Wiestnik“ berichtet, 
daß innerhalb der jüdischen Kreise in den baltischen Provinzen sich 
neuerdings in politischer Beziehung eine große Wandlung vollzogen habe. 
Früher hätten die baltischen Juden bei den Kommunalwahlen stets für die 
deutschen Kandidaten gestimmt, während gegenwärtig die Juden sich geschlossen 
auf Seite der Regierung stellten. 
1. Hälfte Mai. (Pobedonoszew.) Der Oberprokureur des 
heiligen Synods in Rußland, Pobedonoszew, fällt, wie der „Frkf. 
Ztg.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, in Ungnade. 
Das schwarze Kabinet hatte einen Brief desselben perlustriert, in 
welchem sich höchst beleidigende Ausdrücke für den Kaiser Alexander befanden. 
Mitte Mai. (Militärische Maßnahmen) Der „Dzien- 
nik Warszawski“ meldet, 
daß im Sommer d. J. 13 russische Militärlager errichtet werden, 
und zwar bei Warschau, Nowogeorgiewsk, Brest-Litewski, Iwangorod, Malkin, 
Kutno, Petrikau, Konskie, Lublin, Chelm, Krasupstaw, Jendrzejow und Zamokc. 
2. Hälfte Mai. (Durnowo) wird zum Minister des Innern 
ernannt. Der Kaiser richtet an den neuen Minister einen Erlaß, 
welchen der amtliche russische „Regierungsanzeiger“ veröffentlicht. 
In dem Erlaß beklagt der Zar, daß Graf Tolstoi gestorben ist, ohne 
die ihm vom Zaren vorgezeichneten Aufträge ausführen zu können. Er er- 
klärt im Anschluß hieran, daß der neue Minister ernannt worden sei in 
der Voraussetzung, daß ihm am besten die Regeln und Absichten Tolstois be- 
kannt seien, der Zar hofft, daß der neue Minister Durnowo die von Tolstoi 
angefangene Sache verfolgen werde mit derselben Energie und in unbeug- 
samer Uebereinstimmung mit denselben Grundregeln, deren Tolstoi sich nach 
den Weisungen des Zaren bedient habe. 
30. Mai. (Toast des Kaisers.) Kaiser Alexander bringt 
bei dem Dejeuner anläßlich der Kirchenparade zweier Garde-Kaval- 
lerieregimenter in Peterhof einen Toast auf den am Zarenhofe zum
	        
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