294 Bulgarien. (November 3. — 12.)
Diese beträgt 30 Millionen Franks, wird mit 85 emittiert, mit 6
pro Et. verzinst und ist nach 33 Jahren zurückzahlbar. Als Garantie dienen
die Eisenbahnlinien Zaribrod-Sofia-Vakarel und Jamboli-Burgas.
Das „Journal de St. Petersburg“ bemerkt hiezu:
Wir sind erstaunt zu sehen, wie der Prinz Ferdinand von Koburg
und Stambuloff durch Verpfändung der Eisenbahnen über das National-=
eigentum verfügen. Ihre Stellung wird aber dadurch vom Rechtsstandpunkt
aus nicht an Festigkeit gewonnen haben, da die materielle Bürgschaft bei
dieser Vereinbarung weder älteren Schulden, noch den Rücksichten, die das
internationale Recht erheischt, Rechnung trägt. Was die dabei beteiligten
Kreditanstalten betrifft, so muß man wenigstens deren Mut bewundern, Ge-
schäfte mit einer unrechtmäßigen Regierung zu machen, die sich wenig um
frühere Verpflichtungen kümmert.
3. November. (Eröffnung der Sobranje) durch den
Prinzen Ferdinand.
In der Thronrede gibt der Prinz zunächst seiner Befriedigung da-
rüber Ausdruck, daß dies der erste Akt seiner souveränen Machtvollkommen-
heit seit seiner Rückkehr von einer kurzen Reise in das Ausland sei, welche
die Befestigung der durch ihn repräsentierten Grundsätze in Bulgarien glän-
zend dargethan habe. Die Thronrede heißt sodann die Volksvertreter will-
kommen und weist auf die besondere Bedeutung der Eröffnung dieser Session
hin, welche in dem Umstande liege, daß zum erstenmale seit Bestand des
des Fürstentums dieselbe Nationalversammlung zu einer dritten Session zu-
sammentrete. Dies sei ein unbestreitbarer Beweis der herrschenden Ordnung
und der Zufriedenheit Bulgariens. Die allseitigen Fortschritte des Landes
seit der Thronbesteigung des Prinzen Ferdinand seien offenbar, so daß die
bulgarische Nation sich die Sympathien der zivilisierten Welt erworben habe.
Die Deputierten und das gesamte bulgarische Volk hätten freudig die Lob-
sprüche vernommen, welche dem Lande seitens eines überaus weisen und
mannhaften Monarchen, sowie seitens der Mehrheit der Staatsmänner Euro-
pas zu teil geworden seien. Diese Anerkennung werde zum Triumphe der
gerechten Sache Bulgariens mächtig beitragen. Die Thronrede konstatiert
ferner mit Befriedigung, daß Bulgarien mit den ihm benachbarten Nationen,
sowie mit nahezu allen anderen Staaten in den besten Beziehungen stehe
und spricht die Ueberzeugung aus, daß diese Beziehungen sich in Zukunft
noch weiter befestigen würden. Es wird sodann auf die stetige Entwickelung
des bulgarischen Eisenbahnwesens durch bereits begonnene und neu projek-
tierte Linien, auf die geplanten Hafenbauten, den Abschluß einer Anleihe
von 30 Millionen Franks und die zur Befriedigung der Bedürfnisse der
Armee getroffenen Maßnahmen hingewiesen. Schließlich zählt die Thronrede
die vorbereiteten Gesetzentwürfe auf. Unter denselben befinden sich Vorlagen
über die Rekrutierung der Armee und über die Militärgerichtsbarkeit.
3. November. Die Sobranje wählt den Kandidaten der
Regierung, Slankoff, mit 161 Stimmen zum Präsidenten. Der
Gegenkandidat Stoiloff erhielt 74 Stimmen.
12. November. (Bulgarien und Rußland.) In der
Sobranje hält der oppositionelle Abgeordnete Tschatscheff eine Rede,
in welcher er die Vorteile einer Versöhnung zwischen Bulgarien und
Rußland, und zwar unter Beibehaltung des Prinzen Ferdinand als Staats-
oberhauptes, betont. Ministerpräsident Stambulow zählt darauf die An-