Serbien. (Oktober 1. —20.) 313
des Königs Alexanders zur Königin-Mutter steht verfassungsmäßig aus-
schließlich der Kompetenz des Königs Milan anheim.
Am Tage nach ihrem Eintreffen hat die Königin lange Unter-
redungen mit dem Regenten Ristitsch und mit dem Ministerprä-
sidenten Gruitsch, welche ihr die Bedingungen darlegen, denen sie
sich unterwerfen müsse, wenn sie ihren Sohn sehen wolle. Unter
anderem wurde von ihr verlangt, daß sie als Madame Ketschko
eine Audienz beim Könige Alexander nachsuchen müsse. Als Natalie
mit der größten Bestimmtheit diese Bedingung ablehnt, muß der
junge König seine täglichen Ausfahrten einstellen, um eine Begeg-
nung mit seiner Mutter zu vermeiden.
In der ersten Hälfte des Oktober rückt dann aber die Königin-
Frage ihrer Lösung näher. Nach neuen Verhandlungen auf Grund
milderer Bedingungen kommt, nach einigen Tagen des Abwartens
bei Milan und der Regentschaft, ein Ausgleich zu stande, infolge-
dessen Milan am 12. Oktober eine Begegnung des Königs mit
seiner Mutter gestattet. Noch am selben Tage findet die Zufam-
menkunft statt, die sich nach den Abmachungen mit Milan alle
14 Tage wiederholen darf. Doch ist es der Königin nicht gestattet,
ihr Kind im Palais aufzusuchen, solange sie sich weigert, die Be-
dingungen des Exkönigs anzunehmen.
1. Oktober. (Skupschtinawahlen.) Das definitive Re-
sultat der Skupschtinawahlen wird bekannt. Nach demselben sind
102 Radikale und 15 Liberale gewählt. — König Milan richtet
an die Regentschaft anläßlich der Wahlen ein Telegramm, in wel-
chem es heißt:
Ich wünsche als Bürger und treuer Unterthan des Königs ihm, der
Regentschaft, der Regierung und meinem teuern Vaterlande, daß der heutige
Tag Serbien Frieden und Ordnung, sowie eine normale Entwicklung der
Staats= und Landesangelegenheiten bringe. Ruhm dem Könige, der Regent-
schaft, der Regierung, der Verfassung und ihren moralischen und legitimen
Urhebern! Hoch der König! Hoch das Volk! Hoch die aus der neuen
Verfassung hervorgegangene Skupschtina!
1. Hälfte Oktober. (Ministerkrisis.) Infolge von Meinungs-
verschiedenheiten bei Aufstellung der Kronliste für den Staatsrat,
ein Recht, welches allein der Regentschaft, als Vertreterin des Königs,
zusteht, entsteht eine Ministerkrisis.
Wegen Neubildung des Kabinets wird mit dem Führer der Radi-
kalen, Paschic, unterhandelt. Der Regent Ristic erwidert den Besuch des
Führers der radikalen Partei.
20. Oktober. (Thronrede).
Die Skupschtina wird durch eine von dem Regenten Ristitsch ver-
lesene Thronrede eröffnet. Dieselbe wirft zunächst einen Rückblick auf die